Strommarktreform: Kommission legt Erneuerbare an Leine

Michael Bloss, klimapolitischer Sprecher der Grünen und Verhandlungsführer für die Grünen im EU-Parlament zum Gesetzesvorschlag der EU-Kommission zur Reform des EU-Strommarkts:

Das ist kein Turbo für die Erneuerbaren, das ist ein Bremsklotz. Die EU-Kommission verbietet mit ihrem Vorschlag die Einspeisevergütung für erneuerbare Energien. Die Kommission legt die Erneuerbaren an die Leine, indem sie wichtige Fördermöglichkeiten einschränkt.

Wieder bekommt Frankreich ein großes Geschenk: Die Atomenergie wird den Erneuerbaren als Kuckucksei ins Nest gelegt, sie bekommt massive Förderversprechen. Obwohl sie extrem teuer, nicht versicherbar und nicht vereinbar ist mit einem zukünftigen, flexiblen Stromsystem.

Im Gegenteil, wir brauchen einen Erneuerbaren-Booster für die nächsten 2 Jahre. Denn wir sehen gerade einen massiven Einbruch an Neuinvestitionen in Sonne und Wind, weil die neuen Regeln noch nicht da sind und Unsicherheit bei Investoren herrscht. Für die Übergangszeit müssen 120 Gigawatt europaweit ausgeschrieben werden.  

Die soziale Komponente des Vorschlags fällt mager aus, weder soll es gezielt vergünstigte Tarife, noch das Verbot von Stromsperren für arme Haushalte geben.

Es braucht freie Netze für Wind und Sonne, statt der Renaissance von Kohle, Gas und Atom. Das Stromsystem der Zukunft ist dezentral, es muss Bürgerinnen und Bürger ermöglichen, selbst Strom zu produzieren und Teil des kollektiven Stromspeichers zu werden. So lohnt sich die Energiewende für alle, anstatt dass nur die großen Energiekonzerne profitieren.

Hintergrund vom 07. März 2023

Das Wichtigste im Überblick: Was steht im Gesetzesvorschlag der EU-Kommisson?

  • Keine Grundsatz-Reform des Marktes.
  • Langzeitverträge in Form von Differenz-Verträgen und Stromabnahme-Verträgen bekommen zusätzliche Anreize.
  • Staatliche Förderung von Differenz-Verträgen wird zum einzigen Direktfördermittel für neue Anlagen.
    • Feed-in Tarife oder andere direkte Förderungsmaßnahmen wären nicht mehr erlaubt.
  • Langzeit Stromabnahmeverträge (PPAs) sollen auch für kleinere Verbraucher*innen (SMEs und eventuelle sogar Bürger*innen) durch staatliche Kreditgarantien zugänglich gemacht werden.
  • Für Differenzverträge und langzeit Stromabnahmeverträge wird Atomenergie mit Erneuerbaren gleichgestellt.
  • Ein neuer rechtlicher Rahmen für Speicherung und Nachfrage-Flexibilität soll entstehen.
  • Ein neuer Rahmen für Lastenmanagment soll aufgesetzt werden, allerdings zunächst auf freiwilliger Basis.
  • Um den kleineren Erneuerbaren-Produzent*innen, Speichern und Nachfrageflexibilitäts Angeboten(demand response flexibility) Marktzugang zu vereinfachen soll vorgeschlagen werden, das Gebotsminimum von 500 KW auf 100 KW zu senken.

 

  • Ein neues Recht auf Fixpreis-Verträge soll neben dem Recht zu flexiblen Preis-Verträgen vorgschlagen werden.
  • Ein neues Recht auf Energieteilen soll eingeführt werden.
    • Dieses soll vor allem privaten (Klein)Produzent*innen erlauben, erneuerbare Energie von bis zu 100 MW untereinander zu teilen.
  • Jeder Mitgliedstaat muss einen “Lieferanten der letzten Instanz” (supplier of last resort) - zumindest - für Haushalte benennen.
    • Allerdings soll kein Verbot von Stromsperren vorgeschlagen werden.
  • Ein neuer Rahmen für Energiepreis-Krisen soll vorgeschlagen werden.
    • In Krisenzeiten soll es für Mitgliedstaaten möglich sein, in die Preisgestaltung einzugreifen. Allerdings muss der Eingriff auf 80% des Verbrauchs der letzten 5 Jahre der jeweiligen Verbraucher*innen begrenzt sein.

Leak Gesetzesvorschlag EU-Kommission Strommarktreform

EMD COM-proposal_Michael Bloss.pdf