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Warum die Ziele des Pariser Klimaabkommens nicht verhandelbar sein können

Fast zwei Jahre habe ich zusammen mit Euch für ein Klimagesetz in der Europäischen Union gearbeitet, eines, das uns vor den schlimmsten Klimafolgen schützt. Hitzewellen, Fluten und Waldbrände mit all ihren dramatischen Folgen scheinen einigen Politiker*innen noch immer nicht bewusst zu sein – oder sie verdrängen es. Und das rund 30 Jahre nach der ersten Klimakonferenz.

Mit dem jetzigen Beschluss aber zeigen wir keinen Mut, sondern verstecken uns hinter Rechentricks und hoffen auf ein Wunder. Das kann ich nicht mittragen und das ist nicht im Sinne des größten Binnenmarktes der Welt, der von seinem technologischen Fortschritt und der Innovationskraft lebt. Deswegen hätten wir ein EU-Klimagesetz gebraucht, dass die Modernisierung unserer Wirtschaft einleitet. Denn diese ist Dreh und Angelpunkt für die Klimaneutralität, die wir erreichen müssen.

Das Klimaziel von 55 Prozent weniger Treibhausgase bis 2030 ist ein Rechentrick und wir landen bei 52,8 Prozent tatsächlichen Emissionsminderungen. Die Chance, die Erderhitzung auf deutlich unter 2 Grad bzw. möglichst 1,5 Grad zu begrenzen, ist mit so einem Ziel viel zu gering. Als EU-Parlament wollten wir dem ein Riegel vorschieben, daran sind wir gescheitert. Auch das Treibhausgas-Budget ist politisch grün gewaschen. Was es genau ausdrücken soll, weiß kaum jemand genau. Die fossilen Subventionen von immerhin 137 Milliarden Euro pro Jahr fließen ungehindert weiter, obwohl wir sie schon seit über 20 Jahren abschaffen wollten. Das Recht auf Klimaschutz wurde abgesägt. Übrig bleibt immerhin ein EU-Klimarat – ein Trostpflaster, wenn auch ein wichtiges.

Mir ist das zu wenig und es schmerzt mich sehr. Es reicht weder für die Einhaltung der Pariser Klimaziele, noch können wir uns das leisten. Denn die Kosten der Klimakrise durch Dürren und Co werden am wir alle bezahlen – vor allem aber zukünftige Generationen. Ich werde deswegen gegen dieses Klimagesetz stimmen. Es ist einfach zu wenig und das Parlament hat einem sehr schlechten Deal zugestimmt. Da brauchen wir auch nicht um den heißen Brei herumreden.

Nationale Gerichte in EU-Staaten weisen uns immer wieder in Schranken, weil die jetzigen Bemühungen im Klimaschutz den kommenden Generationen nicht genügend Schutz bietet. Ganz konkret fordert das Bundesverfassungsgericht von uns das Pariser Klimaschutzabkommen einzuhalten. Das ist einerseits ein gutes Zeichen und gibt mir Hoffnung. Andererseits empfinde ich es als unglaublich, dass wir Gerichte brauchen, die die Mutlosig- oder Hilflosigkeit der Entscheidungen der Bundesregierung der letzten Jahre ausbaden müssen. Es sollte unsere Aufgabe sein, einen starken Klimaschutz mit einem sozialen Ausgleich und einem richtigen Impuls für die Industrie anzufertigen.

Wirtschaftlich wäre das alles machbar. Wir Grünen haben im Vorfeld mit einer Studie klar aufgezeigt, das hohe Klimaziele wirtschaftlich gut und machbar sind. Eine Denkfabrik nach der anderen bescheinigt, dass mehr drin gewesen wäre und die Klimabewegung rund um Fridays For Future fragt sich nicht zuletzt durch die verkorkste Landwirtschaftsreform zurecht, welches Spiel hier beim European Green Deal gespielt wird.

Meine Stimme gibt es für starken Klimaschutz – ohne politische Spielchen oder Rechentricks. Für mich gilt es jetzt weiter zu machen und Mehrheiten für starke Reformen beim Emissionshandel, dem Ausbau der Erneuerbaren und der Mobilitätswende zu finden.

Die Logik von Verantwortung ist in Zeiten der Klimakrise anders. Verantwortung bedeutet klar zu sagen, was ist und transparent über die Klimakrise zu kommunizieren.

Und Verantwortung bedeutet, das Pariser Klimaziel einzuhalten, weil alles andere zu einer viel zu radikalen Verschlechterung der Lebensbedingungen auf diesem Planeten führen.

Es ist hart, dass dieser lange Prozess mit einem Ergebnis endet, was Wissenschaftler*innen als ungenügend für Paris bezeichnen und uns in Richtung 2-3 Grad bringen wird.

Aber es ist noch nicht vorbei. Jetzt kommt die Umsetzung und hier werde ich dafür kämpfen, dass wir Paris einhalten werden. Denn das ist die Messlatte, für Politik im Jahr 2021.

Im Juli folgt ein gigantisches Gesetzespaket. Das müssen wir nutzen, um die Europäische Union fit für die Pariser Klimaziele zu machen. Hier geht es konkret um die Weichenstellung für den EU-weiten Kohleausstieg 2030, den Einstieg in den Elektroantrieb bei PKWs und damit das Aus der Verbrenner bis 2030. Das alles können wir durch den Emissionshandel und konkrete Maßnahmen wie die CO2-Flottengrenzwerte für Autos erreichen. Dafür aber gilt, dass wir uns in den kommenden neun Jahren bis 2030 jedes Mal kritisch hinterfragen müssen und überlegen, reichen die Gesetze aus, um den Klimavertrag von Paris und damit einen lebenswerten Planeten, einzuhalten, oder nicht.

Bislang nicht und das will ich ändern – gemeinsam mit Euch.