27. Klimakonferenz: Der Endspurt

Michael Bloss, klimapolitischer Sprecher der Grünen im EU-Parlament und Mitglied der EP-Delegation zur COP27, kommentiert den aktuellen Verhandlungsstand:

Die Verhandlungen gehen jetzt erst richtig los. Das ist reichlich spät, aber die Klimakonferenz könnte noch zum Erfolg werden. Die EU hat den Weg aus der Sackgasse eröffnet, indem sie den Widerstand gegen das Finanzierungsinstrument zu Klimaschäden aufgegeben hat. Das ist gut, es muss aber auch mit Geldern hinterlegt werden. Der Ball liegt jetzt bei China. China muss akzeptieren, dass es kein Entwicklungsland mehr ist und auch für die Klimaschäden bezahlen muss. Auf den letzten Metern kann in Scharm-El-Scheich noch ein Durchbruch erfolgen, es wird eine spannende Verhandlungsnacht.

Beim zentralen Thema haben wir wieder ein Jahr verloren. Wir sind noch meilenweit von der Einhaltung des 1,5 Grad-Ziels entfernt und  halten das Pariser Klimaabkommen immer noch nicht ein. Hier haben wir wieder ein Jahr verloren. Deshalb müssen die EU-Staaten ihr Klimaziel erhöhen und die CO2-Emissionen müssen ab 2025 weltweit abnehmen.

Hintergrund

Kommt das globale Finanzierungsinstrument zur Unterstützung besonders gefährdeter Länder?

Die Verhandlungen um die Einrichtung eines globalen Finanzierungsinstruments für “Loss and Damages” sind in der heißen Phase, nachdem die EU unter den folgenden Bedingungen ihre Unterstützung für ein solches Finanzierungsinstrument für klimabedingte Verluste angekündigt hat:

- Nur die besonders gefährdeten Länder sollen Gelder erhalten.
- ALLE Länder, die dazu in der Lage sind, sollen Beiträge leisten. (Darunter auch Länder wie China und die Golfstaaten.)
- Fortschritte, um alle globalen Finanzströme mit den Pariser Zielen in Einklang zu bringen (Artikel 2.1c).
- Weltweite Emissionen sollen bereits 2025 ihren Höhepunkt erreichen und danach reduziert werden.
- Konkretisierung, wie weltweit die Kohleverbrennung gemindert wird.
- Finanzinstrument ist Teil eines umfassenden Lösungsansatzes, der die Reform des internationalen Finanzsystems sowie die Global Shield Initiative enthält.

Konkret liegt derzeit ein Diskussionspapier auf dem Tisch, das drei Optionen vorsieht:

- Zwei der drei Optionen sehen einen neuen Fonds für Klimaschäden vor, der entweder dieses oder nächstes Jahr auf der COP28 eingerichtet werden soll. Die Finanzierung soll aus „zusätzlichen Quellen“ stammen. Damit sind Länder gemeint, die in den 1990er Jahren noch Entwicklungsländer waren, heute allerdings zu wichtigen Wirtschaftsmächten geworden sind, sprich China.
- Die dritte Option sieht bloß einen weiteren Prozess vor, der allerdings nicht zwangsläufig und keinesfalls im nächsten Jahr zu einem solchen Fonds führen würde.

 

Klimaziele: Die Lücke bleibt

  • Noch immer bleibt die Welt hinter den Pariser Zielen zurück. Während in Glasgow 7% der sogenannten Minderungslücke geschlossen wurde, hat es dieses Jahr nur einen Fortschritt von 1% gegeben. Das ist weit von dem entfernt, was wir brauchen.
  • Die G20 sind für ¾ der weltweiten Emissionen verantwortlich. Es ist also klar, dass diese Länder als aller erstes ihre Ziele erhöhen müssen, die EU eingeschlossen.


Nichts Neues zum Ende des fossilen Zeitalters

  • Derzeit ist kein Fortschritt beim Abbau fossiler Subventionen in Aussicht.
  • Das aktuelle Diskussionspapier zur sogenannten „Mantelentscheidung“ (cover decision) wiederholt mehr oder weniger die Glasgow Entscheidung aus dem Vorjahr.
  • Das Ende der fossilen Brennstoffe findet keine Erwähnung, sondern nur der Glasgow Text zu „ineffizienten” fossilen Subventionen und dem verminderten Einsatz von Kohle.
  • Zu Finanzflüssen (Artikel 2.1c) sind erst konkrete Beschlüsse für die kommende COP geplant.
    Dass bis 2025 der weltweiten Höhepunkt an Emissionen erreicht werden soll, wird auch nicht erwähnt


Ohne Menschenrechte keine Klimagerechtigkeit

  • Lokalen NGOs wurde der Zutritt zum COP-Geländes verwehrt.
  • Human Rights First schätzte 2019 die Zahl der politischen Gefangenen in Ägypten auf 65 000, darunter Alaa Abdel Fattah.
  • Berichten zu Folge wird mit Überwachung auf dem COP Gelände gerechnet.
  • Auch der IT-Dienst des Europäischen Parlaments warnt die EP-Delegation vor Sicherheitslücken in der offiziellen App der COP27 für Smartphones und rät von der Installation der App ab.
  • Laut aktuellem Verhandlungsstand wird in der Abschlusserklärung die Achtung der Menschenrechten von allen Verhandlungsparteien beim Kampf gegen den Klimawandel gefordert.
  • Protestaktionen der Zivilgesellschaft sind auf dieser COP extrem eingeschränkt. Die "Protest-Area" ist ein Streifen mitten in der Wüste, der völlig der Sonne ausgesetzt ist, sodass keine längeren Aktionen bei 30°C möglich sind. Die “Protest-Area” ist zwanzig Minuten von den Verhandlungsräumen entfernt und somit ist es nicht möglich von dort, die Aufmerksamkeit der Verhandlungsteams auf sich zu ziehen. Aktivist*innen werden vor Protesten erst durch extra Sicherheitskontrollen geschleust und während des “Protests” streng von Sicherheitspersonal und undercover Polizisten überwacht. Jede Bewegung wird auf Video aufgenommen.