Ein historischer Schritt

Michael Bloss, industrie- und klimapolitischer Sprecher der Grünen kommentiert den kommenden Gesetzesvorschlag der Europäischen Kommission zum Ausstieg aus den russischen Gasimporten:

Dieses Gesetz wird Putin den Geldhahn zudrehen und markiert damit das endgültige Aus für Nord Stream. Das ist eine gute Nachricht. Wenn die Bundesregierung in ihrer Ukraine-Solidarität nun glaubwürdig bleiben will, muss sie dieses Gesetz klar und geschlossen unterstützen. Dass sich Politiker wie Michael Kretschmer und Manuela Schwesig weiterhin hinter Nord Stream stellen, sorgt europaweit für Irritation.

 

Alleine im vergangenen Jahr flossen rund 22 Milliarden Euro aus der EU an Russland für Energieimporte, fast 3 Milliarden Euro mehr, als wir der Ukraine an Unterstützung zur Verfügung stellten. Diese indirekte Finanzierung von Kriegsverbrechen muss beendet werden. So sieht weder Solidarität mit der Ukraine noch die Verteidigung europäischer Werte aus.

 

Mit diesem Gesetzesvorschlag kommen wir raus aus der Erpessungsfalle von Putin und hin zu echter Energiesouveränität. Doch wir dürfen nicht von der einen Abhängigkeit in die nächste stolpern. Trumps Fracking Gas ist keine tragfähige Alternative. Nur der Ausbau der Erneuerbaren Energien schützt dauerhaft vor Abhängigkeit und sichert mittelfristig wettbewerbsfähige Energiepreise.

 

Die Ära fossiler Abhängigkeit von autoritären Regimen muss der Vergangenheit angehören. Sie ist teuer, klimaschädlich, gefährlich und mit unseren Werten unvereinbar. Die Bundesregierung muss diesen Ausstieg mit Entschlossenheit umsetzen und die richtigen Weichen stellen. Wir erwarten, dass alle Ministerien dieses Gesetzsespaket aktiv unterstützen und dabei neue Abhängigkeiten konsequent vermeiden. Für ein souveränes, sicheres und klimaneutrales Europa.

 

Zum Hintergrund

Mehr als drei Jahre nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine leitet die Europäische Union das verbindliche Ende russischer Energieimporte ein. Am 6. Mai legte die Kommission einen Fahrplan vor, um die Einfuhr von russischen Gasimporten zu beenden. Für den 17. Juni wird die Präsentation des Gesetzesvorschlags zum Phase-Out von russischen Gasimporten durch die Kommission erwartet.

Warum sind die Gasimporte ein Problem?

  • Russische Energieexporte sind ein Geldsegen für die russische Kriegskasse.
    Seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine bis heute hat Russland mit dem Export fossiler Brennstoffe an EU-Mitgliedsstaaten Einnahmen in Höhe von 208 Milliarden Euro erzielt. Allein im Jahr 2024 beliefen sich die Käufe russischer fossiler Brennstoffe durch die EU auf 21,9 Milliarden Euro und übertrafen damit die Finanzhilfe für die Ukraine im selben Jahr in Höhe von 18,7 Milliarden Euro.

  • Obwohl Alternativen bestehen, importierten EU-Mitgliedsstaaten 2024 mehr russisches Gas als im Vorjahr. Damit machte in 2024 russisches Gas 14 Prozent des EU-Gesamtverbrauchs aus.

  • Russischen LNG gelangt durch die russische Schattenflotte und Whitewashing von russischem LNG unkontrolliert auf die europäischen Märkte. Deutschland kaufte trotz des selbstauferlegten Verbots, russisches LNG direkt zu importieren, weiterhin russisches LNG über andere europäische Häfen. Dies wurde teilweise durch die mangelnde Transparenz des EU-Gasbinnenmarktes ermöglicht.

  • Die Mär vom günstigen Gas: Europäische Verbraucher*innen zahlen trotz des wachsenden globalen LNG Angebots drauf. Die hohen Gaspreise trieben den Strompreis in die Höhe.

      • Zu Jahresbeginn 2025, waren die europäischen Gaspreis Benchmarks (TTF) doppelt so hoch wie vor dem russsischen Angriffskrieg.

      • Europäische Gaspreise stiegen im Laufe von 2024 um 59 Prozent, von 30 zu 48 EUR/MWh.

      • Die hohe Preisvolalität bei LNG durch politische Unsicherheit in den USA, technische Probleme beim Export aus Algerien und Ägypten in 2024 fielen zu lasten der europäischen Verbraucher*innen

Was ist die Lösung?

Europa muss in die Unabhängigkeit von fossilen Energieimporten investieren:

  • Den Ausbau der Erneuerbaren und den Stromnetzausbau beschleunigen.
  • Elektrifizierung in industriellen Produktionsprozessen beschleunigen.
  • Das schnellstmögliche Ende von fossilen Energieimporten.


Was steht im Kommissionsvorschlag?

  • Bisher erlaubte die EU-Gesetzgebung Mitgliedsstaaten, in ihrem Hoheitsbereich russische Gasimporte zu verbieten. Weitreichendere Sanktionen auf EU-Ebene scheiterten an der Blockade vom russlandfreundlichen Ungarn und der Slowakei. Sanktionen nach Artikel 215 TFEU können außerdem nur temporäre Maßnahmen sein.

  • Es wird erwartet, dass der Kommissionsvorschlag am 17. Mai handelspolitische Maßnahmen nach Artikel 207 TFEU umfassen wird, die mit verstärkter qualifizierter Mehrheit im Rat, auch mit Gegenstimmen von Ungarn und Slowakei, verabschiedet werden können. So wäre auch das Europäische Parlament als Ko-Gesetzgeber beteiligt.

  • Inhalt des Gesetzesvorschlags

    • Ab Ende 2025: Verbot aller neuen Gasverträge und bestehenden Spotverträge
      Ab Ende 2027: Verbot der übrigen russischen Gasimporte

    • Möglicherweise: Ausnahmeregelung für Ungarn und Slowakei, bis Ende 2026 Gas aus Russland zu importieren.

  • Der Gesetzesvorschlag zum Ende von Uranimporten aus Russland wird zu einem späteren Zeitpunkt durch die Kommission erfolgen.