Michael Bloss, klima- und industriepolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament kommentiert die neue EU-Roadmap zum Ausstieg aus russischen Energieimporten:
Endlich dreht die EU Putin den Geldhahn zu. Die angekündigten Gesetze sind überfällig und sie zeigen: Wir stehen weiter an der Seite der Ukraine! Das ist ein Erfolg für die Ukraine und für uns Grüne, denn die Nordstream-Träume der Gas-Lobby sind damit Geschichte. Europa darf sich nicht länger erpressbar machen.
Doch wir dürfen nun nicht von der Abhängigkeit von Putin in eine von Trump stürzen. Milliarden für teure LNG-Importe aus den USA bedeuten den Einstieg in die nächste fossile Sackgasse, zementieren hohe Energiepreise und würgen unsere Wettbewerbsfähigkeit ab. Der Weg in die Freiheit führt nur über den endgültigen Ausstieg aus den Fossilen.
Deshalb brauchen wir jetzt ein Turboprogramm für den massiven Ausbau der Stromnetze und Speicher, so wie wir nach dem Angriff Putins auf die Ukraine den Turbo für den Ausbau der Erneuerbaren Energien eingeschaltet haben. Diese Hausaufgaben müssen jetzt mit maximaler Priorität erledigt werden.
Dieser Plan kann ein Wendepunkt in der europäischen Energiepolitik sein, wenn er nicht als Blankoscheck für US-amerikanische LNG Importe verwendet wird. Entscheidend ist nun, dass zügig ein Gesetzesvorschlag vorgelegt wird. Wir Grünen werden mit voller Kraft für einen verbindlichen, rechtlichen Ausstiegspfad aus der fossilen Abhängigkeit kämpfen.
Was die neue EU-Roadmap bedeutet
Energiekommissar Jorgensen wird heute am 06. Mai eine Roadmap mit neun Maßnahmen vorlegen, um die Einfuhr von russischen Energieimporten in die Europäische Union zu beenden. Laut Schätzung der Kommission beläuft sich im Jahr 2025 der Anteil an russischem Gas auf 13% der Gasimporte in die EU. Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine wurden in Europa zwischen 2022 und 2024 wurden mit dem Maßnahmenpaket RepowerEU bereits 60 Milliarden Kubikmeter jährlich an Gasimporten eingespart.
Grüne Analyse
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Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg: Was 2022 noch unmöglich schien, ist nun in greifbarer Nähe: Es soll keine weiteren russischen Energieimporte geben. Die EU-Kommission macht Ernst und kündigt an, kommenden Monat entsprechende Gesetzesvorschläge zu machen.
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Trump statt Putin? In der Roadmap zwar nicht erwähnt, aber gleichzeitig erwägt die EU-Kommission einen LNG-Deal mit den USA. Handelskommissar Sefcovic hatte kürzlich in der Diskussion rund um die US-amerikanischen Einfuhrzölle den Kauf von US-amerikanischem LNG , Soja und anderen Agraprodukten in der Höhe von 50 Milliarden Euro ins Spiel gebracht. Zentral für die geostrategische Unabhängigkeit Europas ist jedoch, die eine Abhängigkeit von Energieimporten jetzt nicht durch eine andere zu ersetzen.
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Das Umschwenken auf Pipelinegas und LNG aus anderen Ländern, z.B. Norwegen, USA, Kanada, Katar & afrikanischen Ländern, um russisches Gas zu ersetzen, darf keinen Lock-in fossiler Energieträger zur Folge haben. Die günstigsten Energiequellen, die Europa unabhängig machen, sind die Erneuerbaren.
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Die Ausweitung der Transparenzpflichten auf alle Gasimporte ist entscheidend, um Importe von russischem Gas über Drittstaaten, wie zum Beispiel Aserbaidschan, zu verhindern. Gleichzeitig scheint die Kommission aktuell die Methanverordnung, die am besten geeignet wäre um Transparenz über russische Energieimporte herzustellen, nicht explizit in Betracht zu nehmen.
Was die Roadmap im Einzelnen enthält
Maßnahme 1: Transparenz, Monitoring, Verfolgbarkeit
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Gesetzesvorschlag im kommenden Monat, Unternehmen müssen Behörden (im Mitgliedstaat und der Kommission) Details über Verträge über russisches Gas melden
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Ausweitung der Transparenzpflichten auf alle Gasimporte in die EU für die für 2026 angesetzte Revision der Energiesicherheitsarchitektur der EU vorgesehen
Maßnahme 2: Verpflichtende nationale Pläne, um russisches Gas auslaufen zu lassen
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Die Kommission plant, einen Gesetzesvorschlag über die nationalen Pläne im kommenden Monat vorzustellen und empfiehlt, dass die Mitgliedstaaten bereits Ende 2025 ihre ersten Pläne bei der Kommission einreichen.
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Die nationalen Pläne sollen u.a. enthalten:
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Volumen von Gasimporten aus Russland unter bestehenden Verträgen
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Zeitleiste mit Meilensteinen für den Phase-out von russischem Gas,
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Alternativen, um russisches Gas zu ersetzen
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Maßnahme 3: Schrittweises Verbot von russischen Gasimporten
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Umsetzung beschlossener Maßnahmen zum Ausbau der Erneuerbaren Verbesserung der Energieffizienz, um den Gasverbrauch insgesamt zu senken
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Ab Ende 2025: Verbot aller neuen Gasverträge und bestehenden Spotverträge
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Ab Ende 2027: Verbot der übrigen russischen Gasimporte
Maßnahme 4: Aggregierung der Nachfrage
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Nicht legislativ: Die Kommission prüft, ob eine Plattform nach dem Vorbild von AggregateEU, für das Skalieren der Produktion und den Handel mit Biomethan und anderen nicht-fossilen Gasen zu beschleunigen
Maßnahme 5: Beschränkungen auf Uranimporte
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Gesetzesvorschlag im kommenden Monat:
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Handelsmaßnahmen bzgl des Imports von angereichertem Uran
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Keine Verlängerung von laufenden, sowie keine Genehmigung neuer Lieferverträge für russischen Kernbrennstoff unter Beteiligung der Euratom-Versorgungsagentur
Maßnahme 6: Verpflichtende nationale Pläne, um russische Importe von Atomkraftzubehör auslaufen zu lassen
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Gesetzesvorschlag im kommenden Monat über Ziele für die Mitgliedstaaten
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Russischen Atomkraftzubehör und Kernmaterialien zu ersetzen und Transparenz über Abhängigkeiten von Russland herzustellen
Maßnahme 7: EU Struktur über medizinische radioaktive Isotope
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Kommission plant die Gründung eine EU Struktur, um die Herstellung dieser Isotope in Europa anzusiedeln
Maßnahme 8: Verpflichtende nationale Pläne, um russische Importe von Öl auslaufen zu lassen
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Slowakei und Ungarn beziehen derzeit 80% ihrer Ölimporte aus Russland, basierend auf einer Ausnahme von den EU-Sanktionen gegen Russland
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Die Kommission (ohne Datum) plant eine Verpflichtung dieser Mitgliedstaaten, bis Ende 2027 kein russisches Öl mehr zu importieren
Maßnahmen 9: Russische Schattenflotte
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Internationale Kooperation und striktes Monitoring, um die Umgehung der EU-Sanktionen von Öl-Importen mit der russischen Schattenflotte zu verhindern
Zur Roadmap geht es über diesen LINK entlang.