EU-CO2-Handel: Was will das EU-Parlament?

Hintergrund

Der wohl wichtigste Baustein des Fit For 55-Klimapakets der EU-Kommission wird die Reform des EU-Emissionshandels sein. Der Handel deckt ca. 40 % aller EU-Emissionen ab. Darunter fallen die Energiewirtschaft und die Industrie. Es ist ein Handelssystem für Berechtigungsscheine zum CO2-Ausstoß (CO2-Zertifikate). Wie funktioniert es? Es wird eine absolute Anzahl an Zertifikaten festgelegt, diese müssen ersteigert werden und können dann von den Martkteilnehmenden gehandelt werden. So entsteht ein CO2-Preis, der aktuell bei 80 Euro pro Tonne liegt, nachdem er bei Kriegsausbruch in der Ukraine kurz absank, aber sich wieder dort eingependelt hat.

https://ember-climate.org/data/carbon-price-viewer/

Zeitplan

  • 5. Shadow Meeting: 19. April 2022
    • Thema: Ambitionen: LRF, Freie Zuteilung
  • 6. Shadow Meeting: 21. oder 25. April 2022
  • 7. Shadow Meeting: 2. Mai 2022
    • Thema: 2. ETS
  • 8. Shadow Meeting: 5. Mai 2022
  • 9. Shadow Meeting: 10. Mai 2022
  • Abstimmung im ENVI: Bisher geplant zweite Mai-Hälfte
  • Abstimmung im Plenary: Geplant in der ersten Juli-Woche

Im Vergleich zum Vorschlag der EU-Kommission: Was fordert Peter Liese bislang in den Verhandlungen?

  • Peter Liese will den CO2-Grenzausgleich (CBAM) erst ab 2028 einführen;
  • Er schlägt vor, den Linear Reduction Factor (LRF) von 4.2 auf 5.09 anzuheben, dafür aber keine direkte Löschung von CO2-Zertifikaten (One-Off-Reduction) vorzunehmen;
    • Warum müssen CO2-Zertifikate gelöscht werden? Historisch befinden sich viel mehr Zertifikaten auf dem Markt, als CO2 Emissionen ausgestoßen werden. Jährlich wird ca. ¼ mehr CO2-Verschmutzungsrechte auf den Markt gebracht, als verbraucht werden, mit der Corona-Pandemie hat sich dieser Überschuss nochmal erhöht. Anstatt den CAP zu senken und einmalig Zertifikate aus dem Markt zu nehmen, will Peter Liese diese Überkapazität mit der Zeit abbauen, indem der LRF erhöht wird.
  • Zudem will er die freie Zuteilung von CO2-Zertifikaten an die Industrie fortführen bzw. diese parken und freigeben, falls der CBAM nicht funktioniert.
    • Peter Liese will zwischen 2028 und 2034 die zu vielen CO2-Zertifikate in einer CO2-Reserve lagern. Ab 2028 soll in einem Bericht der Kommission gezeigt werden, wie wirkmächtig der CBAM ist. Ist er das nicht im Verhältnis zu den freien Zertifikaten, werden diese dem Markt zur Verfügung gestellt.
  • Wo befinden sich momentan die größten Konflikte zwischen den ETS- und CBAM-Vorschlägen?
    • Der größte Konflikt sieht wie folgt aus: Der CBAM wird im ENVI-Lead von Mohammed Chahim, S&D, verhandelt und sieht momentan vor, dass die freien Zertifikate bereits Ende 2028 auslaufen und 2029 der gesamte CBAM eingeführt ist (Kommission erst 2035, Peter Liese will sie “parken” bzw. erst 2028 damit beginnen).

Das fordern die Grünen im EU-Parlament zum Emissionshandel

  • Bis 2026 die Abschaffung der freien Verschmutzungszertifikate bei gleichzeitiger Einführung eines CO2-Grenzausgleichmechanismus sowie Klimaverträge (Carbon Contracts for Difference) für Grüne-Industrieproduktion;    
  • Bis 2023 eine signifikante Reduktion der überschüssigen Zertifikate und eine neue Obergrenze festzulegen, um den Verlauf bis 2030 für die Industrie verträglich zu gestalten und Schockmomente für die Industrie zu verhindern;    
  • Einen Mindestpreis von 60 Euro im bestehenden Emissionshandel, um den Kohleausstieg bis 2030 zu garantieren;    
  • Wir sehen den zweiten Emissionshandel kritisch, da dieser bislang nicht sozial abgefedert ist, kaum Lenkungswirkung beim Klima aufzeigen wird und frühestens 2026 einsatzbereit wäre.

Das will die EU-Kommission

  • Bislang sollen die CO2-Emissionen in den ETS-Sektoren um 43 Prozent bis zum Jahr 2030 fallen. Die Zahl soll auf auf 62 Prozent erhöht werden;
  • Der lineare Reduktionsfaktor soll von 2,2 auf 4,2 Prozent steigen. Das heißt, jedes Jahr werden 4,2 Prozent weniger CO2-Zertifikate auf den Markt kommen. Einmalige Reduktion ist nicht spezifiziert, wird so sein, als ob LRF von 4,2% bereits seit 2021 gelten würde. Im Jahr 2050 werden keine Zertifikate mehr ausgeteilt;
  • Die Industrie bekommt bisher ihre Zertifikate, ohne dafür zu Zahlen. Diese freien Zuteilungen sollen bis zum Jahr 2036 auslaufen. Nach der aktuellen ETS-Verordnung enden die kostenlosen Zertifikate 2030. Ab 2026 werden die kostenlosen Zertifikate um 10 Prozent pro Jahr reduziert, um 2036 eine 100 prozentige Abschaffung zu erreichen;
  • Für Sektoren, die nicht unter CO2-Grenzausgleich (siehe unten) fallen, wird eine schwache Konditionalität eingeführt, um weiterhin einen Teil ihrer kostenlosen Zertifikate zur Verbesserung der Energieeffizienz von Anlagen zu erhalten.

Das will die EU-Kommission im Emissionshandel für Verkehr und Gebäude

  • Die Kommission schlägt einen zweiten Emissionshandel für Transport und Gebäude vor, der ab 2026 eingeführt werden soll;
  • Der lineare Reduktionsfaktor wird für 2026 - 2028 auf 5,15 Prozent und nach 2028 auf 5,43 Prozent festgelegt;
  • Der Innovationsfonds wird um 150 Millionen Zertifikate aufgestockt, die aus dem neuen ETS für Transport und Gebäude stammen werden. Das bedeutet, dass die Verbraucher für den Übergang in der Industrie und im Energiebereich zahlen.

Wie sah der 1. Bericht von Peter Liese im Januar 2022 aus?