EU-CO2-Handel: Zweiter Verhandlungstag sendet deprimierendes Signal an die COP27

Michael Bloss, klimapolitischer Sprecher der Grünen und Verhandlungsführer für die Grünen im EU-Parlament zum EU-Emissionshandel kommentiert den zweiten Verhandlungstag zum EU-ETS:

Die EU-Mitgliedsstaaten zeigen keinen Willen, ernsthafte Verhandlungen zu führen. Es ist peinlich, dass die Europäische Union mit leeren Händen zur EU-Klimakonferenz fährt. Die Finanzierung von Schäden und Verlusten ist zentral für den Erfolg in Ägypten. Durch die Weigerung des Rates, Gelder aus dem Emissionshandel für internationalen Klimaschutz zuzusagen, steuern wir bei der Klimakonferenz auf ein Scheitern zu. In einem Monat sollen die Verhandlungen zum ETS abgeschlossen werden. Es ist höchste Zeit, dass der Rat auf die konstruktiven Angebote des EU-Parlaments eingeht.

Hintergrund

Der wohl wichtigste Baustein des Fit For 55-Klimapakets der EU-Kommission wird die Reform des EU-Emissionshandels sein. Der Handel deckt ca. 40 % aller EU-Emissionen ab. Darunter fallen die Energiewirtschaft und die Industrie. Es ist ein Handelssystem für Berechtigungsscheine zum CO2-Ausstoß (CO2-Zertifikate). Wie funktioniert es? Es wird eine absolute Anzahl an Zertifikaten festgelegt, diese müssen ersteigert werden und können dann von den Martkteilnehmenden gehandelt werden. So entsteht ein CO2-Preis, der aktuell bei 76 Euro pro Tonne liegt.

Bislang sollen die CO2-Emissionen in den ETS-Sektoren um 43 Prozent bis zum Jahr 2030 fallen. Die Zahl soll sich laut dem neuen Ziel der EU-Kommission auf auf 61% Prozent erhöht werden. Der Rat schließt sich dem an. Das Parlament fordert 63%.

 

Das waren die Ergebnisse des zweiten Trilogs

  • Das Parlament hat dem Rat gegenüber große Kompromissbereitschaft an den tag gelegt, um rasch eine Einigung zu finden. Abermals hat der Rat kaum Willen gezeigt, sich auf das Parlament zuzubewegen und blockiert so weiter den Prozess. Die heutigen Entscheidungen sind fast alle schlecht für das Klima, das ist peinlich, vor allem während der laufenden Weltklimakonferenz.
  • Das Parlament forderte, dass mindestens 10% der Einnahmen aus dem ETS, die an die Mitgliedstaaten gehen, für internationale Finanzmittel für Klimaschutz in besonders gefährdeten Ländern benutzt werden sollen. Die Mitgliedstaaten wollen sich nicht darauf einlassen. Trotz ihres Versprechens in Glasgow ihre Finanzhilfen für Klimafinanzierung in Entwicklungsländern zu verdoppeln, wollten sie keiner klaren Verpflichtung zustimmen. Stattdessen wurde ein sehr schwacher Text angenommen, der uns mit leeren Händen nach Ägypten auf die COP27 fahren lässt.
  • Das Parlament hat (nun auch als Ganzes) akzeptiert, dass die Forderung, den Marktzugang sehr stark einzuschränken, nicht die gewünschten Effekte bringen würde. Es war also bereit, diese Forderung fallen zu lassen und dafür strengere Marktaufsichts-und Transparenzregelungen zu beschließen.
  • Auch bei Artikel 29a hat das Parlament sich stark auf den Rat zu bewegt. Wenn der Durchschnittspreis über 6 Monate 2,4 mal so hoch ist wie der Durschnittpreis während der vorangehenden 2 Jahre, werden automatisch 75 Millionen Zertifikate aus der MSR auf den Markt gelassen. Das ist eine deutliche Verschlechterung im Vergleich mit der existierenden Regelung. Aktuell müssen die Mitgliedstaaten in Form eines Klimawandel Kommites erst entscheiden, ob ein drastischer Preisanstieg auf normale Marktbewegungen zurückzuführen ist, bevor Preisausgleichende Maßnahmen getroffen werden können. Außerdem steht der Multiplikator im Moment bei 2.5.
  • Auch bei der Ausweitung des ETS auf den Abfallsektor ist das Parlament auf den Rat zugegangen. Der Rat hat jedoch das Verhandlungsangebot des Parlaments, zunächst eine Folgenabschätzung vor der Ausweitung durchzuführen, abgelehnt. Laut Ratsposition soll es  nur ein freiwilliges Opt-in für Mitgliedstaaten geben, aber keine Verpflichtung, den Abfallsektor in den ETS zu bringen. Es gab also keinerlei Einigung.
  • Beim Modernisierungsfonds hat sich das Parlament dazu durchgerungen, auf die  Forderung der Mitgliedsstaaten einzugehen und einen sehr beschränkten Teil des Geldes weiterhin für fossiles Gas zur Verfügung zu stellen. Allerdings dürften die Mitgliedstaaten nur einen kleinen Teil des Modernisierungsfonds für solche Investments nutzen und nur für Projekte, die spätestens Ende 2024 in Betrieb sind. Im Gegenzug werden alle Zertifikate, die noch immer unter Artikel 10c an Elektrizitätsproduzenten gehen (die keinerlei carbon leakage ausgesetzt sind) endlich ausgesetzt.
  • Insgesamt hat das Parlament sehr viel Flexibilität bewiesen, auch zu Punkten, die de facto den Markt schwächen und so schlecht für das Klima sind. Der Rat hat sich nur minimal bewegt. So wird es sehr schwer werden, einen guten Deal zu erzielen.

Zeitplan

  • Die nächste Verhandlungsrunde findet am Dienstag, 22. November, vormittags statt.
  • Am 16. und am 17. Dezember soll ein Jumbo Trilog stattfinden, der zu Einigungen bei ETS-CBAM und dem Klimasozialfonds führen soll.