EU Klimagesetz: Die Verhandlungen beginnen

Hintergrund

Am 8. Oktober 2020 hat das EU Parlament den historischen Schritt gewagt und das Europäische Klimagesetz mit einem Klimaziel von 60 Prozent Treibhausgasreduktion bis 2030 beschlossen. Fast zwei Monate später haben sich die Staats- und Regierungschef:innen noch immer nicht durchringen können, eine Position für das Klimaziel 2030 zu beschließen. Gleichzeitig aber beginnen am Montag, dem 30. November, beginnen die Trilog-Verhandlungen um das Klimagesetz – nur eben ohne Klimaziel. Hier der Hintergrund mit allen Informationen und Sachverhalten.

Fahrplan zum Klimagesetz
Die 1. Verhandlungsrunde –
Was steht auf der Agenda?


Am Montag, dem 30. November 2020, 19 - 21 Uhr, beginnen die Trilog-Verhandlungen zwischen EU Parlament und Rat – begleitet von der Kommission. Aus internen Dokumenten und den öffentlichen Diskussionen der letzten Wochen und Monate lässt sich sagen: es wird eine Herausforderung, den Klimapfad für die nächsten 30 Jahre zu legen.

Als Ergebnis hat der Umweltminister:innen-Rat ein sogenanntes “partielles Verhandlungsmandat” beschlossen. Verhandelt werden können bislang:

  • Klimaneutralität bis 2050 auf EU-Ebene  
  • Einen indikativen linearen Zielpfad mit einem Zwischenziel im Jahr 2040.
  • Einen Überprüfung des Klimagesetzes und der Ziele alle sechs Monate nach den internationalen Klimaverhandlungen des “Global Stock Take”
  • Strategien zur Klimawandelanpassung
  • Den wissenschaftlichen Klimabeirat
  • Monitoring des Reduktionsfortschritts der Union und der Mitgliedsstaaten
  • Klimaverträgliche Finanzströme
  • Zertifizierung von Senken für Klimaprojekte in der Landwirtschaft

Es ist erwartbar, dass in der ersten Verhandlungswoche keine politischen Themen zur Sprache kommen, sonder wir mit Verhandlungen auf der technische Ebene starten. Ein weiterer Verhandlungstermin nach dem Treffen der Umweltminister und vor der Weihnachtspause hängt noch in der Luft.

Faktisch bedeutet es, dass die Verhandlungen über das Klimagesetz und das Klimaziel von der nächsten Ratspräsidentschaft, Portugal, zu Ende geführt werden müssen.

Welche Position zum Klimaziel 2030 haben die Staats- und Regierungschef:innen?


Aktuell sprechen sich 17 Länder für ein Klimaziel von mindestens 55 Prozent netto oder mehr aus aus.
Unter den Vorreitern sind

  • Dänemark und Schweden die sich für bis zu mindestens minus 65% aussprechen.
  • Finnland die sich für bis zu mindestens minus 60% aussprechen.

Ein Ziel in der Zielhöhe des Kommissionsvorschlages von mindestens minus 55 Prozent bis 2030 unterstützen

  • Deutschland
  • Frankreich
  • Italien
  • Spanien
  • Griechenland
  • Estland
  • Lettland
  • Niederlande
  • Slowenien
  • Österreich
  • Irland
  • Luxemburg
  • Portugal (übernehmen mit 01.01.2021 den EU Ratsvorsitz)
  • Bulgarien (unter der Bedingung dass sie Unterstützung für den Kohleausstieg erhalten)

Von einer Reihe an Ländern gibt es kein klares Bekenntnis, aber es wird auch keine Blockade erwartet, auch wenn diese teilweise noch in nationalen Abstimmungsprozessen stecken

  • Cypern
  • Malta
  • Belgien (durch eine Blockade durch den Flämischen Landesteil)
  • Litauen
  • Kroatien

Der größte Widerstand kommt von Ländern die den EUCO alleinig entscheiden lassen wollen. Dabei ist die Kritik an einer Anhebung auf minus 55 Prozent verknüpft mit dem Wunsch über die Staats- und Regierungschefs weitreichende Details wie Finanzhilfen zu verankern.

  • Rumänien
  • Polen
  • Ungarn
  • Tschechien
  • Slowakei

In Deutschland haben erst kürzlich alle Umweltminister:innen der Bundesländer sich einstimmig für einen Reduktionspfad für das Klimajahr 2030 von minus 60 Prozent ausgesprochen. Damit folgen sie dem Beschluss des EU-Parlaments. Dieser Meilenstein sollte Ansporn für die Bundesregierung sein, ihm zu folgen und den Druck auf andere Mitgliedsstaaten zu erhöhen. Rückendwind kommt vom Umweltbundesamt, das erst kürzlich wieder zeigte: Ein Klimaziel von minus 60 Prozent bis 2030 ist wirtschaftlich machbar und klimapolitisch notwendig.

Wird es keine Entscheidung zum Klimaziel geben?
Die Gefahr besteht.

In einem SPD-internen Wirtschaftsforum vom 24. November 2020 sagte der Botschafter Michael Clauß, dass beim EUCO-Treffen am 10. und 11. Dezember 2020 auch die  Einigung zum Klimaziel 2030 noch nicht feststeht.

Diese Gefahr ist auf höchster Ebene angekommen. So forderte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei ihrer Rede vor dem Europaparlament am Mittwoch Rückhalt von den EU-Staaten für die Anhebung des Klimaziels auf mindestens 55 Prozent. Charles Michel bringt als EU Präsident hier noch einen Unsicherheitsfaktor mit rein, weil er nicht als starke Hand im Rat gesehen wird, die den Rat zusammenhält.

Zudem steht neben dem Klimaziel vor allem die Einigung über den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFF) und damit dem Recovery Fund sowie dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit auf dem Tisch der Verhandlungen. Polen und Ungarn blockieren hier massiv bei der Rechtsstaatlichkeit. Wird es dann keine beim MFF Einigung gibt, fällt auch das Klimaziel 2030, weil die genannten Länder darauf drängen, für dieses Ziel mehr Gelder zum Umbau der Energiesektoren und Wirtschaft zu bekommen. Die aber gibt es nicht von der EU, wenn diese nicht an die Rechtsstaatlichkeit geknüpft sind.

Ein Hamsterrad ohne Ausweg bahnt sich an. Für das Klima und mit Hinblick auf die COP26 aber auch US-Präsident Joe Biden sowie der Klimaführung in der Welt, ein fatales Zeichen.

Und ohne klares Klimaziel brechen sich die Probleme weiter auf die nationalen Energie- und Klimapläne herunter. Denn diese müssen dringend angepasst werden, was zu weiteren Verzögerungen im Ablauf führt.

Der EUCO lässt sich von einigen wenigen Ländern ins Geiselhaft nehmen und blockiert nicht nur den Wiederaufbau der europäischen Wirtschaft, sondern auch das EU-Klimagesetz.

Dass sich Schwierigkeiten bei der Einigkeit anbahnen, berichtet auch POLITICO: “And if that wasn't enough, they said there was a long — and growing — to-do list of difficult topics for their regular December summit that would require leaders to gather in person in Brussels despite the health risks. Those topics include a continuing push to approve more ambitious climate targets; ongoing tensions with Turkey in the eastern Mediterranean, as well as a potentially worsening economic fallout from the pandemic.”


Zeitplan
Die nächsten Daten und Ereignisse

  • 30. November 2020
    • 1. Verhandlungsrunde; aber ohne Klimaziel 2030 auf der Liste
    • gefolgt von technische Verhandlungen am 1 u. 2 December
  • 10. und 11. Dezember 2020
    • EUCO
  • 12. Dezember 2020
    • 5. Jahrestag zum Pariser Klimaabkommen veranstaltet von UK/UN
  • 17. Dezember 2020
    • Umwelt-Rat
  • 18. Dezember 2020
    • Anfrage für 2. Verhandlungsrunde steht aus.

Annex