Europas Energie-Plan REPowerEU in der finalen Analyse

Michael Bloss, klima- und industriepolitischer Sprecher der Grünen im EU-Parlament, kommentiert den REPowerEU-Plan der EU-Kommission:

Die EU-Kommission macht einen Schritt in Richtung 100 Prozent Erneuerbare Energie. Das ist gut. Mit einer Europäischen Solarpflicht und mit viel mehr Erneuerbaren Energien können wir die Klima- und Energiekrise in den Griff bekommen und uns aus Putin’s fossilen Fesseln befreien. EU-weit können 70 Millionen Solardächer bis zum Jahr 2030 nahezu die gesamten russischen Gas-Importe ersetzen.

Mit dem Wiederaufbauprogramm für Europas Solarindustrie werden wir unabhängig von den Lieferungen aus China in dieser zentralen Zukunftstechnologie. Das Pakets darf nicht durch mehr CO2-Ausstoß und Klimaverschmutzung finanziert werden.  Zusätzlich rund 250 Millionen Tonnen CO2 ausgestoßen ist fast doppelt so viel, wie alle  deutschen Kohlekraftwerke in einem Jahr emittieren. Die Energiewende, darf nicht mit der Klimakrise finanziert werden. Wir brauchen frisches Geld durch einen weiteren EU-Fonds zur Unabhängigkeit. Hier müssen die Mitgliedstaaten ihre Blockadehaltung aufgeben.

Die Gaskrise mit mehr Gas lösen zu wollen ist absurd. Wir sollten aus den Fehlern der Vergangenheit lernen und jetzt auf 100% Erneuerbare aus heimischen Quellen setzen und nicht mehr Gelder in fossile Infrastruktur stecken. Diese Gelder brauchen wir dringend, um Solardächer und Windparks zu bauen, Häuser zu isolieren und Wärmepumpen anzubringen.

Hintergrund

Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine hat der Europäischen Union schmerzlich gezeigt, wie groß die Abhängigkeit zu Russland bei Kohle, Öl, Gas und Uran ist. Die Zahlen sind ernüchternd. Bis zu Kriegsbeginn importierte die EU 50% ihres fossilen Bedarfs aus Russland. Und das kostet Milliarden – jede Woche. Anders gesagt: Seit Kriegsbeginn hat die EU über 50 Milliarden Euro nach Russland für eben jene Energieträger überwiesen.

Das will die EU-Kommission ändern. Während die jeweiligen Wirtschafts- oder Energieminister*innen unter hohem Druck ihre nationale Abhängigkeit bereits jetzt versuchen zu reduzieren, sitzt der EU das beschlossene Kohle- und Öl-Embargo der EU im Nacken und zwingen sie, ihren Plan auch durchzuziehen. Gleichzeitig will sie rasch aus der russischen Gas-Abhängigkeit aussteigen und die Erneuerbaren stärken. Der Plan der Kommission dafür lautet “REPowerEU”. Dieser soll am 18. Mai 2022 vorgestellt werden. Im Vorfeld haben EU-Energieminister*innen in einem Brief an die EU-Kommission und Michael Bloss unter anderem einen Solar-Act für den Booster bei Produktion und Ausbau der Solarenergie gefordert.

Der Plan der EU-Kommission gliedert sich wie folgt

Beschleunigung des Ausbaus von Erneuerbaren Energie

  • Die EU-Kommission schlägt Änderungen zu der Erneuerbaren-Richtlinie (REDII) vor, die sich derzeit noch in Verhandlungen zwischen dem EU-Parlament und dem EU-Rat befindet. Die Änderungen sehen vor:
  • eine Erhöhung der europäischen Erneuerbaren Ziele für 2030 auf 45% (aktuell 40%);
  • eine Beschleunigung und Vereinfachung von Zulassungsverfahren.
  • Eine Solar-Strategie
    • Zum ersten Mal definiert die EU-Kommission klar Ziele zum Ausbau von Solarenergie: Bis 2025 sollen 320 GW am Netz sein und bis 2030 fast 600 GW (eine vervierfachung der heutigen Kapazität);
    • Die Kommission schlägt außerdem eine Solarpflicht vor:
      • Ab 2026 müssen alle geeigneten neuen öffentlichen und gewerbliche Gebäude von mehr als 250 Quadratmeter solardächer haben und ab 2027 auch die schon existierenden;
      • Ab 2029 soll die Solarpflicht dann auch für alle neuen Wohnhäuser gelten;
    • Eine Solar-Allianz um die Solarproduktion zurück nach Europa zu hohlen, wird ebenfalls ins Leben gerufen, und die Kommission fordert Mitgliedstaaten auf, eine sogenanntes Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse („IPCEI“) für Solarproduktion zu starten. Dies würde dann unter anderem die Beihilferegelungen vereinfachen und so die heimische Wirtschaft ankurbeln.

Einen Energiesparplan

  • Das Einsparziel für Energie soll von 9 auf 13% erhöht werden;
  • Die Renovierungsrate soll ebenfalls erhöht und der Ausbau von Wärmepumpen soll auf das doppelte gesteigert werden.
  • Die Kommission empfiehlt außerdem strengere Geschwindigkeitsbegrenzungen;
    und sieht zudem individuelle Maßnahmen vor, wie private Haushalte Energie sparen können, damit der Import von fossiler Energie sinkt.
    • Zu den Maßnahmen gehören das Herunterdrehen der Heizung und der Einsatz von weniger Klimaanlagen, Homeoffice, Car-Pooling oder ÖPNV, wenn dies möglich ist.
  • Jegliche Staatshilfen für Gas und Öl Boiler sollen bis spätestens 2025 auslaufen.

Diversifizierung von Energieversorgung

  • Es soll einen Aktionsplan für Biomethan geben, um Erdgas teilweise mit Biomethan zu ersetzen
    • bis 2030 soll es 35bcm Biomethan geben;
  • Es soll zwei Delegierte Rechtsakte zur Wasserstoffproduktion, um grünen Wasserstoff in Europa zu fördern;  
  • So will die Kommission bis 2030 10 Millionen Tonnen Wasserstoff produzieren und weitere 10 Millionen Tonnen von Drittstaaten importieren.
  • Es soll eine internationale Energiestrategie geben, um Wasserstoff-Partnerschaften mit Drittstaaten  zu schmieden:
    • 3 Wasserstoffkanäle sollen entstehen: Einer über die Nordsee, einer aus Nord-Afrika und schließlich so schnell wie mögliche ein weiterer aus der Ukraine.
    • Bei der internationalen Energie Strategie sollen auch neue Erdgas Verträge mit Drittstaaten geschlossen werden, um so weiterhin die Abhängigkeit von Russland zu reduzieren;

Investitionen und Reformen

  • Laut Plan kann die EU pro Jahr 80 Milliarden Euro Gas-Importe, 12 Milliarden Öl-Importe und rund 2 Milliarden durch Kohle-Importe sparen.  
  • Die EU-Kommission schlägt vor, die Ausbau und Resilienzpläne der Mitgliedstaaten mit einem “RePowerEU” kapitel zu erweitern.
  • 20 Milliarden sollen aus dem Innovationsfonds “frontloaded” werden. Das bedeutet, sie sollen zeitnah in Projekte fließen, die sonst erst später hätten finanziert werden können;  
  • Nicht ausgegeben Gelder aus Regional, Kohäsions- und Landwirtschaftsfonds, sowie den Ausbau- und Resilienzfonds sollen außerdem neue Projekte unter “RePowerEU” finanzieren;
  • Leider will die EU-Kommission auch einfach zusätzliche Emissionszertifikate versteigern (aus dem MSR), die sonst nicht auf den Markt gekommen wären, und damit 20 Milliarden einnehmen, diese gelder sollen in RePowerEU Projekte fließen die auch Öl und Gasprojekte beinhalten.
  • Auch will die EU-Kommission die Kriterien in den Ausbau- und Resilienzplänen (do no significant harm-Kriterium) für RePowerEU Projekte aussetzen, das heißt auch hier soll die Möglichkeit geschaffen werden Gelder in den Ausbau- und Resilienezplänen in fossile Energien zu leiten. Sie will ebenfalls Gelder, die eigentlich für Elektrizitätsinfrastruktur zur Verfügung stehen sollten (Connecting Europe Facility), in neue Gasporjekte investieren.

Die Dokumente zu REPowerEU