Der neue Energiekommissar macht Ernst

Michael Bloss, klima- und industriepolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament, kommentiert die heutige Anhörung des designierten Kommissars für Energie und Wohnen, Dan Jørgensen:

Was der Energiekommissar Dan Jørgensen heute abgeliefert hat, zeigt: Mit ihm gehen der Green Deal und der Klimaschutz entschlossen voran. Und das ist angesichts der aktuellen Klimakatastrophe in Spanien mehr als überfällig.

Jørgensen ist einer der wenigen Kommissare, der verstanden hat, dass wir beim Klimaschutz besser sein müssen. Sein Plan, klare Ziele für Erneuerbare Energien bis 2040 festzulegen, ist dafür ein Gamechanger. Wir brauchen Planungssicherheit für Investitionen und die gibt es mit dem Ziel. Ohne verbindliche Ziele bleibt der Klimaschutz ansonsten ein bloßes Lippenbekenntnis.

Die Atomlobby hat sich an Jørgensen die Zähne ausgebissen. Es wird kein europäisches Geld für Atomkraftwerke geben! Sonnen- und Windkraft sind Europas Zukunft. Damit haben wir die Chance, Klimaschutz, niedrigere Energiepreise und für mehr Unabhängigkeit schnell zu realisieren.

Die Milliarden-Zahlungen an Russland aus Europa sind ein anhaltender Skandal! Angesichts dessen ist Jørgensens Zusage zu begrüßen, dass Europa noch vor 2027 aus russischem Öl und Gas aussteigen wird.


Vertiefung der wichtigsten Punkte aus der Anhörung


Heute trat Dan Jørgensen, der designierte EU-Kommissar für Energie und Wohnen, vor den Industrie- und Energieausschuss (ITRE) sowie den Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL) des Europäischen Parlaments, um seine Nominierung zu verteidigen und seine Pläne für die kommenden fünf Jahre darzulegen.

 

Ein früheres Aus für Öl und Gas aus Russland

Trotz erheblicher Bemühungen bleibt Europa nach China der zweitgrößte Importeur russischer Energierohstoffe. Allein im Jahr 2023 importierte die EU Öl und Gas aus Russland im Wert von 18,6 Milliarden Euro. Der bisherige Plan sah vor, bis Ende 2027 weiterhin fossile Energieträger aus Russland zu beziehen, was dazu beiträgt, Putins Kriegskasse zu füllen. Dan Jørgensen hat nun versprochen, sich dafür einzusetzen, diese Importe schneller vollständig zu beenden, allerdings hat er nicht versprochen bereits nächstes Jahr alle Importe zu stoppen.

 

Ein Erneuerbaren Ziel für 2040

Der designierte Energiekommissar hat sich für die Festlegung eines verbindlichen Ziels zur Nutzung erneuerbarer Energien bis zum Jahr 2040 ausgesprochen. Es ist entscheidend, frühzeitig einen verlässlichen Rahmen für den Ausbau erneuerbarer Energien über das Jahr 2030 hinaus zu schaffen, um das Vertrauen der Investoren zu stärken und das derzeitige positive Momentum beizubehalten. Bis 2040 muss Europa 75 % seines Energiebedarfs aus erneuerbaren Quellen decken, was eine erhebliche Beschleunigung des Ausbaus in den nächsten 15 Jahren erfordert.

Seit 2009 gibt es in Europa verbindliche Ziele für den Ausbau erneuerbarer Energien, die einen stabilen Business Case für Investoren geschaffen haben. Im Jahr 2022 waren EU-weit 1,6 Millionen Arbeitskräfte in der Produktion und im Ausbau erneuerbarer Energien beschäftigt. Ein weiterer Ausbau in diesem Bereich sichert zukunftsfähige Arbeitsplätze, senkt die Energiekosten für Bürger*innen und die Industrie und macht Europa langfristig unabhängiger von autokratischen Drittstaaten.

 

Bürgerenergien

Dan Jørgensen unterstützt die aktive Beteiligung von Bürger*innen an der Energiewende in ganz Europa. Er fordert, das Potenzial von Energiegenossenschaften vollständig zu nutzen und verspricht sich dafür einzusetzten auch den Zugang zu Finanzmittel für Energiegenossenschaften zu verbessern. Außerdem unterstützt er die Idee, günstige europäische Darlehen für die energetische Sanierung von Privathäusern bereitzustellen, und zu diesem Zweck eng mit der europäischen Investment Bank zusammenzuarbeiten. Diese Ansätze sind ein bedeutender Schritt in die richtige Richtung.

 

Atomkraft

Bisher liegt der Schwerpunkt der EU-Atompolitik auf der Regulierung der Sicherheit beim Transport und bei der Lagerung radioaktiver Abfälle. Seit Jahren fordert die Atomlobby und einige Staaten, insbesondere Frankreich, eine aktivere Rolle der EU beim Ausbau der Atomenergie. Nun wurde der designierte Energiekommissar von der rechten Seite des Parlaments gedrängt, den Ausbau der Atomenergie, als europäisches Energieziel zu fördern. Doch er hat sich geweigert, die Finanzierung von Atomenergie mit EU-Geldern zu unterstützen. Somit bleibt es weiterhin dabei: Atomenergie muss sich zumindest ansatzweise wirtschaftlich rentieren, wenn sie sich durchsetzen will.

 

Zum generellen Ablauf der Anhörungen

Jede und jeder designierte Kommissar*in wird von den zuständigen Fachausschüssen befragt, um seine Eignung sowie seine politischen Prioritäten zu überprüfen. Während der dreistündigen Sitzungen müssen die Kandidat*innen ihre Fachkenntnisse, Pläne und ihr Engagement für die europäischen Werte überzeugend darlegen.

Im Anschluss an das Hearing bewerten die Koordinator*innen der jeweiligen Ausschüsse die Leistung des oder der designierten Kommissars*in in einer geschlossenen Sitzung. Dabei stimmen sie darüber ab, ob der oder die Kandidat*in die erforderlichen Kriterien erfüllt.

Für eine positive Entscheidung ist eine Dreiviertelmehrheit notwendig. Sollte diese Mehrheit nicht erreicht werden, müssen die Koordinator*innen über das weitere Vorgehen beraten. Mögliche Optionen sind dann das Stellen zusätzlicher schriftlicher Fragen oder die Anberaumung einer weiteren Anhörung, um offene Punkte zu klären.