Klimapolitik ist untrennbar mit Gerechtigkeitsfragen verbunden. Der Übergang zur Klimaneutralität muss finanziert werden und wir müssen definieren, wer dabei welche Kosten trägt und wer von den (Förder-)Maßnahmen profitiert. Ein sozial-gerechter Ansatz ermöglicht allen die Teilnahme an der Transformation und steigert Lebensqualität, nimmt aber auch jene stärker in die Pflicht, die am meisten zur Klimakrise beigetragen und ihr Vermögen darauf aufgebaut haben.
Dabei geschieht der Übergang zur Klimaneutralität nicht in einem luftleeren Raum, sondern in einer Gesellschaft, in der die wirtschaftliche Ungleichheit immer weiter steigt. Mehr als die Hälfte aller Vermögen in Deutschland wird nicht erarbeitet, sondern verschenkt. Zwei Familien besitzen mittlerweile genauso viel Vermögen wie die Hälfte der Bevölkerung. Hier läuft etwas gehörig schief.
Mit dem Papier „Klima. Sozial. Umverteilt. – Wie Klimapolitik entlasten kann“ zeigen Michael Bloss und Rasmus Andresen, wie eine soziale und wirksame Klimapolitik konkret aussehen kann. Das Papier verbindet klimapolitische Instrumente mit Fragen der gerechten Finanzierung und macht deutlich: Das notwendige Kapital für den sozial gerechten Übergang zur Klimaneutralität ist vorhanden – es braucht den politischen Willen, es fair zu mobilisieren und gezielt einzusetzen.
Ungleichheit als doppeltes Klima-Problem
Diese wachsende Ungleichheit ist in doppelter Hinsicht ein Klima-Problem: Überreiche sind für überdurchschnittlich hohe Pro-Kopf-Emissionen verantwortlich. Die reichsten 1% in Deutschland emittierten 15-mal mehr CO2 als die ärmere Hälfte der Bevölkerung. Zum anderen kann sich ein Teil der Bevölkerung den Umstieg auf klimaneutrale Technologien wie
Wärmepumpen oder E-Autos ohne finanzielle Unterstützung schlicht nicht leisten. Diese Haushalte brauchen gezielte Unterstützung. Dazu gehören eine kostenlose oder sehr günstige Mobilitäts-Flatrate für ÖPNV, eine Mobilitätsgarantie mit Deutschlandtakt bis in den ändlichen Raum und Social-Leasing-Programme für kleine, gebrauchte E-Autos. Im
Gebäudebereich müssen warmmietenneutrale Sanierungen zur Regel werden, damit Mieter*innen nach der Sanierung nicht mehr zahlen als vorher.
Das Kapital für die Finanzierung ist vorhanden - es ist nur ungleich verteilt
Diese Förderprogramme erfordern öffentliche Mittel. Damit stellt sich die klimasoziale Frage: Woher kommen die Einnahmen? In den nächsten zehn Jahren braucht es dafür zusätzliche öffentliche Finanzmittel von etwa 125 Milliarden Euro pro Jahr, was etwa 2-3 % vom BIP entspricht. Die 100 Milliarden Euro im Sondervermögen für Klimaschutz und die ETS-
Einnahmen sind eine wichtige Finanzquelle - aber sie reichen nicht aus.
Die gute Nachricht: Das Kapital für die Finanzierung von klimasozialen Maßnahmen ist vorhanden. Es ist nur ungleich verteilt. Ebenso wenig fehlt es an Ideen oder Erfahrungen mit
Finanzierungsinstrumenten. Würde davon nur ein Bruchteil realisiert, könnten die Finanzbedarfe gedeckt werden, ohne Kürzungen bei Sozialausgaben im Haushalt zu riskieren, wie unser heute veröffentlichtes Klimasozialpapier zeigt.
Die Vielfliegerabgabe- ein Beispiel für ein gerechtes und wirksames Instrument
Eine Vielfliegerabgabe wäre eine sozial-gerechte Einnahmequelle, die für CO2-Reduktion sorgt: Sie könnte in Deutschland über 8 Milliarden Euro jährlich einbringen und die Flug-
Emissionen um etwa 17 % senken, so eine Studie der New Economics Foundation. Das Modell ist einfach: Erst ab dem zweiten Hin- und Rückflug fällt ein gestaffelter Aufschlag auf das
Ticket an. Denn beim Fliegen wird die klimasoziale Schieflage besonders sichtbar: Ein kleiner, sehr wohlhabender Teil der Menschen fliegt überproportional viel und belastet das Klima auf
Kosten der Mehrheit, die im Schnitt kaum mehr als einen Hin- und Rückflug im Jahr unternimmt. Fast die Hälfte der CO2 Emissionen der reichsten 1% gehen auf den Flugverkehr zurück. Bei den ärmsten Menschen sind es knapp 1%. Eine Analyse der New Economics Foundation zeigt zudem: In Deutschland fliegen nur 6,4 % der Menschen mehr als drei Mal
pro Jahr - sie wären von einer Vielflieger-Abgabe daher gar nicht betroffen. Zudem braucht es eine europäische Lösung für den grenzüberschreitenden Flugverkehr. Eine einheitliche europäische Ticketbesteuerung würde Wettbewerbsverzerrungen beseitigen. Eine europaweit eingeführte Frequent Flyer Levy könnte jährliche Einnahmen von über 60 Milliarden Euro generieren.
Und schließlich: Kerosin besteuern
Die höchste Priorität muss die Einführung einer EU-weiten Kerosinsteuer haben. Die EU-Finanzminister*innen verhandeln derzeit über die neue Energiesteuerrichtlinie, doch der aktuelle Entwurf würde die Luftfahrt weitere zehn Jahre von Steuern befreien. Ein Geschenk für Vielflieger. Deutschland entgehen so jährlich über 3 Mrd. Euro, während die Branche ohne
Anreiz bleibt, ihre Emissionen zu senken. Genau jene werden entlastet, die am meisten zum Problem beitragen.
Mit gerechten Investitionen und einer fairen Lastenverteilung lassen sich Ungleichheit reduzieren, Staatseinnahmen stärken und Europa endlich auf Klimakurs bringen
Die Lösungen sind vorhanden - das zeigt auch ein Blick zu unseren europäischen Nachbarn: Die Ungleichheit ist bei ihnen nicht so groß, weil sie nachhaltigere Finanzierungswege gefunden
haben.
Daher haben wir, MdEP Rasmus Andresen und Michael Bloss, diese Analyse in einem gemeinsamen Policy Papier heruntergeschrieben: