Michael Bloss, klimapolitischer Sprecher der Grünen im EU-Parlament, kommentiert das Ergebnis der UN-Klimakonferenz:
Zum ersten Mal seit Anfang der UN-Klimakonferenzen wird das Ende der Fossilen vorsichtig eingeläutet. Aufgrund der massiven Einflussnahme von Lobbyisten und der Vertretung von Eigeninteressen der Ölstaaten ist es nicht das klare Bekenntnis zum Ende von Kohle, Öl und Gas in allen Sektoren, das die Welt so dringend braucht um 1,5 °C in Reichweite zu halten. Aber es ist ein Anfang.
Dieses Bekenntnis macht klar: Investitionen in die Förderung von Kohle, Öl und Gas sind verbranntes Geld. Die Ölstaaten müssen ihr Businessmodell auf Erneuerbare umstellen, desto früher sie das tun, desto besser wird es für ihre Wirtschaft sein
Hintergrund zum Ende UN-Klimakonferenz
Fossil fuel phase out? - Der Anfang vom Ende der fossilen Ära
Seit Jahren wird bei den Klimakonferenzen um den heißen Brei herumgeredet. Schafft es die Weltgemeinschaft, sich zu einem Ausstieg aus fossilen Energien zu bekennen? Seit Jahren wird darüber diskutiert, aber in Dubai wurde nun zum ersten Mal ein Text angenommen, der das Ende von Kohle, Öl und Gas einläuten soll. Der Text ist Teil eines Paragrafen, der auch die Verdreifachung von Erneuerbaren und die Verdopplung der Energieeffizienzrate festschreibt. Ein klares Bekenntnis, wie es sich viele gewünscht hätten, ist es allerdings nicht. Denn der Paragraf (28) sieht auch andere Lösungen wie Atomenergie und Kohlenstoffbindung- und Speicherung vor und erwähnt Low-Emission Technologien. Der darauffolgende Abschnitt räumt ausdrücklich “transition fuels", also Gas, eine Rolle in der Energiewende ein. Die Wende, heraus aus den Fossilen, soll dazu beitragen, netto null in den Energiesystemen bis 2050 zu erreichen. Diese Textwahl öffnet die Türen für eine uneingeschränkte Nutzung von sogenannten “offsets”, also Ausgleiche für weiterhin bestehende Emissionen.
Außerdem ist die Abkehr von Fossilen lediglich für den Energiesektor vorgesehen. Die Nutzung von Öl und Gas im Transport, oder für Plastik, Chemikalien oder Dünger wird nicht angefochten.
Der öffentliche Druck, den Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas festzuschreiben, war in Dubai höher als je zuvor, vielleicht gerade, weil ein Ölstaat die Klimakonferenz ausgerichtet hat. Alle Wissenschaftler*innen sind sich einig: Die 1,5 °C Grenze kann nur durch einen schnellen Ausstieg aus den Fossilen in Reichweite gehalten werden. Aber Saudi-Arabien und andere OPEC+ Länder sträuben sich bisher immer erfolgreich gegen ein klares Bekenntnis, unterstützt von Heerscharen an fossilen Lobbyisten, die die Klimakonferenzen in immer größeren Zahlen heimsuchen. Umso wichtiger ist das Signal, das von dem Text ausgeht, der nun festgeschrieben wurde. Es ist der Anfang vom Ende der fossilen Ära.
Kein klarer Weg zu 1.5 °C
Die globale Bestandsaufnahme (global stocktake) ermutigt die Mitgliedstaaten des Pariser Klimaabkommens, sich neue ambitioniertere nationale Ziele (nationally Determined Contribution, kurz NDCs) zu setzen. Die neuen Ziele sollen die gesamte Wirtschaft und alle Treibhausgase umspannen und mit dem 1.5 °C Ziel vereinbar sein. Entwicklungsländer waren bisher nur aufgefordert, "im Laufe der Zeit” Ziele zu setzen, die die gesamte Wirtschaft umspannen. Auch hieß es bisher immer, dass diese mit dem 2 °C Ziel und “wenn möglich” mit dem 1.5 °C Ziel vereinbar sein sollen. Daher war in diesen zwei wichtigen Punkten die Klimakonferenz in Dubai ein Erfolg.
Die bisherigen NDCs reichen bei Weitem nicht aus, um die Temperaturgrenzen des Pariser Klimaabkommens einzuhalten. Mit den bisher festgelegten Zielen steuern wir auf eine 2.8 °C wärmere Erde zu (für mehr Detail siehe meinen vorherigen Hintergrund zu den wichtigen Themen auf der COP28). Die Bestandsaufnahme soll eine neue Runde an NCDs in 2025 informieren und ambitioniertere Zielsetzungen zur Folge haben.
Schäden und Verluste
In einer institutionellen Novelle wurden die Rahmenbedingungen für den Fonds für Schäden und Verluste (loss and damage facility) gleich zum Auftakt der COP28 beschlossen. Das war der erste und einzige Erfolg, den die diesjährige Klimakonferenz liefern konnte.
Viele der wichtigsten Fragen um den Fonds bleiben dabei weiterhin unbeantwortet: Noch immer ist keine klare Definition erarbeitet worden, welchen Staaten zu Geldern aus diesem Fonds berechtigt sind. Ein Teil der Gelder wird explizit für die am wenigsten entwickelten Länder und die kleinen Inselstaaten vorbehalten. Aber auch Entwicklungsstaaten, die besonders vom Klimawandel betroffen sind, bleiben weiterhin (und ohne nähere Bestimmungen, wer zu diesen Staaten zählt) förderfähig. Und obwohl die Vereinigten Arabischen Emirate mit ihrem Beitrag signalisiert haben, dass auch Länder, die nicht zu den reichsten Volkswirtschaften zählen, in den Fonds einzahlen sollten, bleibt weiterhin unbeantwortet, welches Land jährlich wie viel in den Fonds einzahlt. Auch gab es keine Einigung zu anderen zuverlässigen Finanzflüssen aus anderen Einnahmen (wie zum Beispiel einer internationalen Steuer auf Kerosin oder einem internationalen Emissionshandel).
Bisher wurden knapp $700 Millionen dem Fonds zugesprochen, über die Hälfte (rund 440 Millionen) von der EU und ihren Mitgliedstaaten. Das ist zwar ein guter Anfang und weit mehr als je in so kurzer Zeit einem Klimafonds zugesagt wurde. Dennoch sind diese Summen ein Tropfen auf den heißen Stein angesichts der bereits durch Klimakatastrophen verursachten Schäden. Allein die wirtschaftlich messbaren Kosten der Flut in Pakistan in 2022 werden auf $15 Milliarden beziffert.
Eine Einigung zu einem neuen Finanzrahmen (New Collective Quantified Goal on Climate Finance) wurde auf nächstes Jahr vertagt, mit technischen Verhandlungen, die im Jahr 2024 stattfinden werden.