Michael Bloss, klimapolitischer Sprecher der Grünen im EU-Parlament zum Verhandlungsergebnis zwischen Rat und Parlament zur Erneuerbare-Energie-Richtlinie (RED):
Wir brauchen mehr Sonne- und Wind-Energie um uns von Putin zu befreien.
Um die Energiekrise erfolgreich zu bekämpfen, brauchen wir mehr Wind- und Sonnenkraft. Kommissionspräsidentin von der Leyen hat einen Ausbau von 45 Prozent versprochen. Da die Mitgliedstaaten dazu nicht bereit sind, muss die europäische Ebene Verantwortung übernehmen und die Klima-, wie die Energiekrise entschlossen bekämpfen. Dazu braucht es jetzt einen Europäischen Erneuerbaren Booster. Die EU muss in Zukunft auch Wind- und Solaranlagen bauen können.
Atomkraft ist weder nachhaltig noch wirtschaftlich. Sie ist eine Hochrisikotechnologie, die uns in der Energie- und Klimakrise keine Sicherheit bietet. Es ist zwar ein Erfolg, dass Frankreich sich nicht durchsetzen konnte, Atomkraft als erneuerbar zu deklarieren. Es ist aber ein Skandal, dass Atomkraft überhaupt eine Rolle spielt und berücksichtigt werden kann.
Hintergrund vom 15. März 2023
Am Morgen des 30. März haben sich Rat und Parlament provisorisch auf einen Gesetzestext für die Reform der Erneuerbaren Energie Richtlinie geeinigt. Dieser Text muss jetzt noch von einer Mehrheit im Rat und vom EU-Parlament bestätigt werden.
Was ist die Erneuerbare-Energien-Richtlinie?
- Die Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED) ist ein EU-Gesetz, das regelt, wie viel Energie aus erneuerbaren Quellen wie Sonne, Wind oder Wasser kommen soll. (Englisch: Renewable Energy Directive, RED)
- Die EU hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 mindestens 32% ihrer Energie aus erneuerbaren Quellen zu beziehen. Dieses ist auf EU-Ebene verbindlich. Mitgliedstaaten legen ihren Beitrag zum EU-Ziel in ihren nationalen Klima- und Energieplänen fest.
- Die RED soll jetzt geändert werden, um dieses Ziel zu erhöhen und mehr erneuerbare Energie gezielt auch in den Bereichen Verkehr, Gebäude- und Industrie zu fördern. Zum ersten Mal soll es hier verbindliche Sektorziele geben.
Die Verhandlungen umfassen zwei verschiedene Gruppen von Änderungen an der aktuellen RED:
- Fit for 55 Update (auch “RED III” genannt):
- Reaktion auf den Europäischen Grünen Deal, Kommissionsvorschlag von July 2021
- Ziel: Unter anderem das Gesamtziel für erneuerbare Energie erhöhen und sektorale Maßnahmen für erneuerbare Energie stärken.
- RepowerEU Update (“RED IV”):
- Reaktion auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine und die Energiekrise, Kommissionsvorschlag Mai 2022
- Ziel: Das Gesamtziel für Erneuerbare auf 45% bis 2030 zu erhöhen, die administrativen Genehmigungsverfahren für erneuerbare Energieprojekte vereinfachen und verkürzen.
Beide werden zusammen verhandelt und werden wahrscheinlich in ein einziges Gesetz fließen.
Die wichtigsten Ergebnisse der Verhandlungen
Ausbauziele für Erneuerbare Energien
- Das aktuelle EU-Ziel für erneuerbare Energie für 2030 ist 32%, dieses wurde auf 42,5% erhöht. (Kommission und Parlament hatten 45% gefordert.)
- Dieses Ziel ist auf EU-Ebene verbindlich.
- Mitgliedstaaten legen ihren Beitrag zum EU-Ziel in ihren nationalen Klima- und Energieplänen fest.
- Sektorziel Transport für 2030: entweder 14.5% Treibhausgas Reduktion, oder 29% erneuerbare Energien
- Sektorziel Industrie (verbindlich): 42% Erneuerbarer Wasserstoff (oder "renewable fuel of non-biological origin"). Allerdings mit einer unten beschriebenen Ausnahme für nicht-fossilen Wasserstoff.
"Low Carbon" / Atomkraft
- Für das Sektor Ziel im Industriebereich von 42% Erneuerbaren Wasserstoff (oder Renewable fuel of non biological origine) kann ein Abzug von 20% unter den folgenden Bedingungen erfolgen:
- Mitgliedstaaten müssen ihr Gesamtziel für Erneuerbare im Jahr 2030 erreichen, und
- Der Anteil ihres Gesamt-Wasserstoff-Mix darf 2030 nicht höher sein als 23% und in 2035 nicht höher als 20%.
- Frankreich hatte vorgeschlagen, dass die Ambitionslücke zwischen dem 40% und dem 45% Ziel mit sogenannten “Kohlenstoffarmen” (low carbon) Mitteln erreicht werden kann. Dieser Vorschlag hatte aber keine Mehrheit im Rat erreicht.
Genehmigungsverfahren
Nachdem die momentan angewandte Notfallverordnung zum Ende des Jahres 2023 ausläuft, gilt die folgenden Einigung zu kürzere Genehmigungsverfahren für Erneuerbare Energien:
- Dachsolar und Solar auf Künstlichen Strukturen:
- Genehmigungsverfahren dürfen nicht länger als 3 Monate dauern.
- Genehmigungsverfahren dürfen nicht länger als 3 Monate dauern.
- Erneuerbare “go to areas”
- Mitgliedstaaten haben 18 Monate, um erneuerbare “go to areas” auszuweisen.
- Zuständige Behörden haben 27 Monate, um einen Ausbauplan für erneuerbare “go to areas” zu erstellen.
- In “go to areas” dürfen Genehmigungsverfahren nicht länger als 1 Jahr dauern und im Falle von Offshore Windanlagen nicht länger als 2 Jahre.
- Repowering (Erneuerung von existierenden Anlagen)
- Genehmigungsverfahren dürfen nicht länger als 6 Monate dauern
- Offshore Windanlagen: nicht länger als 1 Jahr
- Außerhalb von “go to areas”
- Genehmigungsverfahren dürfen nicht länger dauern als 2 Jahre
- Offshore Windanlagen: nicht länger als 3 Jahre
Die Mitgliedstaaten haben eine Schwächung der Texte für Ausnahmen von Umweltverträglichkeitsprüfungen für einzelne Projekte erreicht.
Nachhaltigkeitskriterien für Biomasse:
Biomasse aus Holz aus Ur- und Altwäldern darf nicht als Erneuerbare Energie gehandelt werden. Allerdings definieren Mitgliedstaaten selber was Ur- oder Altwälder sind.
Außerdem soll es keine finanzielle Unterstützung von Mitgliedstaaten für Biomasse aus Rundholz von industrieller Qualität mehr geben. Allerdings wurde in letzter Minute noch vom Rat herausgehandelt, dass solche Installationen, die bereits eine Zusprache von Förderungsmittel bis 2030 die konform mit der alten Erneuerbaren Richtlinie sind, diese weiterhin bis 2030 bekommen.