Das Plenum des EU-Parlaments hat soeben mit 340 Stimmen dafür, 279 Gegenstimmen und 21 Enthaltungen formell die Trilog-Ergebnisse zu CO2-Flottengrenzwerten für PKW & Kleintransporter (Co2-Standards for Cars) bestätigt.
Michael Bloss, klimapolitischer Sprecher der Grünen und Verhandlungsführer für die Grünen im EU-Parlament zum Aus des Verbrenners ab 2035 und die Auto-Abgasnorm Euro 7:
Europa meldet sich zurück im Rennen um die reichweitenstärksten Batterien und modernsten Autos. Denn jetzt haben wir einen klaren Rahmen für die Autoindustrie gesetzt, der Kurs auf die Elektromobilität nimmt. Die Industrie braucht Planungssicherheit - und diese geben wir ihr: Der Verbrenner ist Geschichte, ab 2035 werden keine mehr zugelassen. Für diesen Umbau haben wir über zehn Jahre Zeit. Wer jetzt noch auf das Verbrenner-Pferd setzt, gefährdet den Industriestandort Deutschland und Europa. Wir müssen uns nun um den Aufbau der Batteriefabriken und Ladeinfrastruktur kümmern. Hier haben wir noch Nachholbedarf.
Gleichzeitig dürfen wir diese wegweisende Entscheidung nicht als Ausrede nutzen, die Abgasprobleme der Autos zu ignorieren. Die Bürger*innen Europas leiden unter starken Belastungen durch krebserregenden Feinstaub oder Stickoxiden, die durch Autos freigesetzt werden. Für saubere Luft und unsere Gesundheit braucht es wirksame Regeln. Technologisch und wirtschaftlich ist das ohne Probleme tragbar und wir unterstützen die Industrie bei diesem Schritt. Das schafft Jobs und sichert sie gleichzeitig für die Zukunft. Denn weltweit leiden die Menschen unter hohen Schadstoffen durch Autos und unsere Technologie ist gefragt.
Derzeit betreiben aber FDP-Verkehrsminister Volker Wissing und der Automobilverband Panikmache, wenn sie von Jobverlusten durch die Regelung sprechen. Das ist absurd, denn am Ende hat noch keine einzige Abgasregelung Jobs gekostet, sondern die Gesundheit und Sicherheit unserer Bürger*innen verbessert.
Hintergrund vom 13. Februar 2023
Worüber wird final im EU-Parlament abgestimmt?
Bei den Abschlussverhandlungen zwischen Parlament und Rat kam Folgendes heraus:
- Ab 2035 gilt die Zielvorgabe von 0 % CO₂-Ausstoß für Pkws.
- Ergänzend dazu werden die Zielvorgaben für 2030 von -37,5 % für Pkw und -31 % für Kleintransporter im Vergleich zu den Werten für 2021 in den derzeitigen Rechtsvorschriften auf -55 % für Pkw und -50 % für Kleintransporter erhöht.
- Gleichzeitig muss der Anteil der emissionsfreien und emissionsarmen Fahrzeuge, die die Hersteller verkaufen müssen, um einen Bonus auf ihre CO₂-Gesamtziele ab 2025 zu erhalten, von 15 % auf 25 % für Pkw und auf 17 % für Lieferwagen erhöht werden.
- Die Kommission wird im dritten Quartal 2023 einen Vorschlag zur Erhöhung des Anteils von emissionsfreien Fahrzeugen in öffentlichen und privaten Unternehmensflotten vorlegen.
- Im Rahmen der Überprüfung für 2027 wird die Kommission auch die Möglichkeit prüfen, Mindestenergieeffizienzziele für emissionsfreie Fahrzeuge festzulegen.
- Der Bonus, den Hersteller erhalten können, wenn sie "Öko-Innovationsmaßnahmen" durchführen, wird von 7 g CO₂/km bis 2024 auf 6 g CO₂/km für den Zeitraum 2025 - 2029 und auf 4 g CO₂/km für den Zeitraum 2030 - 2034 sinken.
- Die Kommission wird bis 2025 delegierte Rechtsakte erlassen, um eine gemeinsame EU-Methode für die Bewertung und Berichterstattung von Lebenszyklus-CO2-Emissionen festzulegen. Ab Juni 2026 können die Hersteller auf freiwilliger Basis der Kommission über die Lebenszyklus-CO2-Emissionen Bericht erstatten (dies ersetzt jedoch nicht die bestehende Methodik zur Einhaltung der Zielvorgaben).
- Als Teil dieses Gesamtpakets musste das Parlament den deutschen Erwägungsgrund ("recital") zu E-Kraftstoffen (synthetische Kraftstoffe) akzeptieren. Die Kommission wird aufgefordert, "einen Vorschlag für die Zulassung von Fahrzeugen nach 2035 zu unterbreiten, die ausschließlich mit CO₂-neutralen Kraftstoffen betrieben werden, die mit dem EU-Recht in Einklang stehen, nicht in den Anwendungsbereich der Flottenstandards fallen und mit dem Ziel der Klimaneutralität der Union übereinstimmen".
- Mehr als dieser Erwägungsgrund wurde jedoch nicht zu E-Kraftstoffen hinzugefügt und ein Erwägungsgrund hat rechtlich fast keine Bedeutung.
- Der „Ferrari-Text“ hat es ebenfalls ins Gesetz geschafft. Kleinwagenhersteller (vor allem Hersteller von Luxusfahrzeugen), die weniger als 10.000 Fahrzeuge pro Jahr produzieren, werden bis Ende 2035 von diesen CO₂-Normen ausgenommen sein.
Warum müssen die Emissionen im Transportsektor sinken?
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Der Straßenverkehr ist eine der Hauptquellen von Treibhausgasemissionen in Europa und macht etwa 70 % der gesamten verkehrsbedingten Treibhausgasemissionen in der EU und etwa 15 % der gesamten Treibhausgasemissionen der EU aus.
Sind die Autohersteller bereit für die Elektromobilität?
Klares „Ja!“. Die E-Mobilität ist unser Job-Garant für die Zukunft. Folgende Hersteller haben bereits angekündigt, bis 2035 in Europa aus dem Verbrenner raus zu sein:
- Jaguar bis 2025
- Audi bis 2026 (Bis 2033 lässt der Hersteller die Produktion der Verbrenner nach und nach auslaufen)
- Ford bis 2030
- Volvo bis 2030
- Volkswagen bis 2035
- Renault bis 2035
- General Motors bis 2035
- Hyundai will ab 2035 keine Verbrenner-Autos mehr verkaufen
- Mercedes-Benz will ab 2030 keine Verbrenner mehr in Europa verkaufen.
Zeitplan für die CO₂-Abgasnorm:
- Nach der Abstimmung im Plenum des Europaparlaments müssen auch die Mitgliedstaaten im Rat noch formell ihr grünes Licht geben. Das könnte bereits nächste Woche passieren.
- Nach der finalen Zustimmung des Rates kann der neue Gesetzestext im offiziellen Journal der EU veröffentlicht werden und gilt 20 Tage nach der Veröffentlichung.
Wie ist der Stand bei der Auto-Abgasnorm Euro 7?
Die Euro 7 legt Abgasnormen für den Straßenverkehr fest. Sie ist die Nachfolgeverordnung der Euro 6, die am 1. September 2014 Jahren in Kraft getreten ist. Die EU-Kommission verspätet sich mit dem jetzigen Vorschlag über zwei Jahre aufgrund des hohen Drucks aus der Industrie und einigen EU-Mitgliedsländern.
- Für PKWs bleiben die Grenzwerte für Stickoxide und Kohlenmonoxid im Vergleich zur Euro 6 gleich.
- Die Grenzwerte gelten nur für PKWs, die in den acht Jahren nach Erstzulassung oder bis 160.000 Kilometer gefahren sind. Durchschnittlich sind die Autos auf Europas Straßen jedoch zwölf Jahre alt und somit nicht an die modernsten Abgasnormen gebunden.
- Im Gegensatz zu PKWs werden die Abgasnormen für LKWs verschärft.
- Es wird Grenzwerte für Bremsen- und Reifenabrieb geben, die auch für E-Autos relevant sind.
- Die Liste an Schadstoffen, für die es Grenzwerte geben wird, wird erweitert.
- Im Konsultationsverfahren mit Stakeholdern, das die Kommission in Vorbereitung des Gesetzesvorschlags abgehalten hat, wurde deutlich, dass eine Verschärfung der Abgasnormen technisch und kostengünstig möglich ist. Diese Vorschläge finden sich im tatsächlichen Gesetzesvorschlag nicht wieder.
- Der Ökopass für Autos kommt und gibt Auskunft über die Ökobilanz des Autos.
- Die Lebensdauer der Akkus von E-Autos wird auch in der EURO 7 zertifiziert. Das ist besonders für Käufer:innen von Gebrauchtwagen interessant.
Was verändert sich preislich bei den Autos?
- Bereits im Vorfeld heißt es, die Euro 7 würde ein „Job-Killer“ sein. Blickt man in die Vergangenheit, so widersprechen die absoluten Zahlen der These. Als zur Jahrtausendwende die Norm Euro 3 in Kraft trat, arbeiteten laut Zahlen des Verbands der Automobilindustrie 767.000 Menschen in der Autoindustrie. 2021 waren es 786.000 Mitarbeiter. Langfristig geschadet hat dies der Autoindustrie also nicht.
- Nach Schätzungen der Kommission hätte die Einhaltung strengerer Abgasnormen die Autohersteller maximal 500 Euro pro Auto in der Produktion gekostet. Einige Automobilexpert*innen reden sogar von nur 300 bis 400 Euro.
- 500 Euro Mehrkosten pro Auto stehen 80 Milliarden Euro an jährlichen Kosten durch Luftverschmutzung im Straßenverkehr gegenüber (Quelle: Bericht des Forschungsdienstes des EP "EU-Politik zur Luftqualität: Umsetzung ausgewählter EU-Rechtsvorschriften", 2021)
- Luftverschmutzung ist das größte umweltbedingte Gesundheitsrisiko in Europa und verursacht nach Angaben der Europäischen Umweltagentur knapp 400.000 vorzeitige Todesfälle pro Jahr.
Zeitplan
- Aktuell finden die Verhandlungen innerhalb des EU-Parlaments und die Konsultationen zwischen den EU-Minister*innen statt. Wir erwarten bis zum Sommer keine finale Position des EU-Parlaments.
- Im Herbst/Winter wird eine Einigung innerhalb der Institutionen erwartet, woraufhin der Trilog zwischen Parlament und Rat beginnt.