Wer heute noch in fossile Gas-Projekte investiert, investiert am Klima und am Energiemarkt der Zukunft vorbei. Der Gasverbrauch sinkt, und wird mit dem Umbau auf ein klimaneutrales Europa weiter sinken.
Statt das Geld in ein Milliardengrab zu schieben, brauchen wir eine Erneuerung der europäische Energieinfrastruktur, die auf klimafreundliche Energien gemünzt ist. Nur so schaffen wir die Grundlage für ein klimaneutrales Europa.
Hintergrund (nicht für Zitate)
Die Europäische Kommission hat die vierte Liste der Energieinfrastruktur-Vorhaben von gemeinsamem Interesse (Projects of Common Interest, PCI) für die Transeuropäischen Energie-Netze vorgelegt. Diese Liste umfasst Energieinfrastrukturen mit grenzüberschreitenden Auswirkungen wie Stromleitungen, Gas-Pipelines, aber auch Pumpspeicherkraftwerke und Flüssiggasterminals. Einige dieser Projekte sind politisch sehr umstritten da massive ökologische und wirtschaftliche Effekte erwartet werden. Ein erster Austausch mit der zuständigen EU-Kommissarin Kadri Simson brachte keine Reform-Zusagen. Nun steht am kommenden Mittwoch, 22. Januar, die Liste wieder auf der Agenda des Industrie Ausschusses.
PCI sind grenzübergreifende Infrastrukturvorhaben, durch die die Integration der Energiesysteme verschiedener EU-Mitgliedstaaten verbessert werden soll. Sie sollen der EU helfen, die Ziele ihrer Energie- und Klimapolitik zu erreichen.
Im Rahmen der Verordnung über die transeuropäischen Energienetze (TEN-E), die auch als Reaktion der russisch-Ukrainischen Gas-Krisen entstanden sind, legt die Kommission auf Vorschlag einer Expertengruppe entsandt durch die Mitgliedsstaaten eine Liste der PCI vor. Für diese Projekte gelten dann vereinfachte Genehmigungsverfahren und können EU-Mittel aus der Fazilität „Connecting Europe“ beantragt werden. Auf Stromnetze und intelligente Netze entfallen mehr als 70 % der Vorhaben, aber mehr als 40 Prozent der Geldfördermittel ergingen an Gasprojekte.
Die Vorhaben auf der vierten PCI-Liste wurden in den letzten 21 Monaten nach den Vorschriften der TEN-E-Verordnung in einem Verfahren bewertet und ausgewählt, welches von Kritikern als intransparent und unzureichend angesehen wird, da die Kriterien des Verfahrens insbesondere in Klimaschutzbelangen keine Kompatibilität mit dem Pariser Abkommen sicherstellen.
Wichtigsten Punkte für Mittwoch im Detail
- Es wird über die gesamte Liste mit “Ja” oder “Nein” abgestimmt - keine einzelnen Projekte.
- Mehr als 40% der Gelder gehen an fossile Projekte, knapp 60% an Stromtrassen und Speicher. Da die Europäische Investitionsbank ab 2022 keine Gasprojekte mehr fördern wird, gibt es Anlass zur Befürchtung, dass in den kommenden Jahren besonders viele Gasprojekte auch aus anderen europäischen und nationalen Mitteln gefördert werden.
- Rund 55 fossile Gas-Projekte sind in der vierten Liste enthalten:
- 5 LNG-Flüssiggasterminals-Projekte (Zypern, Irland, Kroatien, Polen, Griechenland) - Pläne zur Einfuhr von Fracking-Gas aus den USA
- Die Gasinfrastruktur ist auf eine Lebensdauer von über 40 Jahren ausgelegt.
- Inbetriebnahmedatum für viele Projekte 2024 oder später
Was passiert, wenn die Liste vom Industrieausschuss abgelehnt wird?
- Bei einer Ablehnung durch den Industrieausschuss kommt die Ablehnung noch zur Abstimmung im Plenum, wo eine Ablehnung ebenfalls eine Mehrheit finden muss.
- Im Falle einer Ablehnung durch das Parlament hat die Kommission die Möglichkeit eine neue Liste vorzulegen.
Was passiert, wenn die Liste vom Industrieausschuss nicht abgelehnt wird.
- Es ist zu erwarten, dass die Ablehnung der PCI Liste auch noch in der nächsten Plenarsitzung in Strasbourg zum Thema werden wird.
- Mit Unterstützung von 1/10 der Abgeordneten oder einer politischen Fraktion kann auch im Plenum eine Abstimmung über eine Ablehnung erwirkt werden. 2018 stimmten 177 MEPs gegen die Liste wegen gleichgelagerter Bedenken hinsichtlich der massiven Investitionen in fossile Projekte.
- Sollte dieser Antrag auf Ablehnung keine Mehrheit finden, gilt die Liste als angenommen.
TEN-E im Detail
- Die Regulierung legt Regeln für die Auswahl wichtiger Energienetzwerk-Infrastrukturen fest:
- legt Projekte von gemeinsamem Interesse (PCI) fest;
- erleichtert die Umsetzung der PCI;
- legt die Bedingungen für die Finanzierung durch die Connecting Europe Facility (CEF) fest
- Projekte profitieren von einer gestrafften Umweltverträglichkeitsprüfung, einem beschleunigten Genehmigungsverfahren und können von den EU-Steuerzahlern finanziert werden.
- PCI’s gelten als höchste nationale und EU-Priorität und können in Genehmigungsverfahren ein übergeordnetes öffentliches Interesse anmelden.
Kritik der Grünen/EFA im Europäischen Parlament an TEN-E im Detail (nicht zitieren, nur als Vorlage)
- Nachhaltigkeitskriterium: nur fakultativ
- Seit 2013: keine weiteren Kriterien/Schwellenwerte oder keine Klimafolgenabschätzung
- Mangelnde Nachhaltigkeitsprüfung führt zu dutzenden von fossilen Gasprojekten auf der PCI-Liste
- Vorläufige Nachhaltigkeitsbewertung der ENTSO-G von über 100 PCI-Projekten, die "jedem einzelnen Projektkandidaten einen positiven Nachhaltigkeitsnutzen zugewiesen haben".
Wir Grünen/EFA im Europäischen Parlament kritisieren (nicht zum Zitieren; nur zur Einordnung!)
- Projektauswahl und Prozess – das Parlament kann die Liste nur im ganzen ablehnen, auch wenn es nur mit einzelnen Projekten nicht einverstanden ist.
- Es gibt somit klaren Reformbedarf der Liste zugrundeliegenden TEN-E Verordnung
- Diese muss an die Anforderungen eines klimaneutralen und naturverträglichen Energiesystems angepasst werden.
- Die Fokussierung auf Gas-Projekte riskiert Fehlinvestitionen zu erzeugen.
- z.B. Shannon LNG, Krk LNG,
- sowie die gesamte Gaspipeline-Infrastruktur im Mittelmeer, die auf die Erschließung neuer Gasvorhaben offshore,
- sowie die Verbindung der EU mit Aserbaidschan abzielt als Türöffner für eine Renaissance der Fossilen.
- Die fehlende Neuorientierung am Pariser Klimaschutzabkommen (Das TEN-E Verfahren wurde vor dem Klimaabkommen 2014 erarbeitet).