Eine verpasste Chance für den Sakharov-Preis

Michael Bloss, Mitglied der EP-Delegation zur COP29 in Aserbaidschan,  kommentiert die Entscheidung über den Preisträger des diesjährigen Sakharov-Preises:

"Dr. Gubad Ibadoghlu den Sakharov-Preis verkörpert den Geist des Preises wie kaum ein anderer. Sakharov wurde wegen seines Einsatzes für Frieden ins Exil verbannt, während Ibadoghlu für seinen Kampf gegen Korruption unter Hausarrest steht. Beide stellten sich als Wissenschaftler mutig gegen autoritäre Regime und zahlten dafür einen hohen Preis. Roberta Metsola forderte heute als Präsidentin des Europäischen Parlaments Ibadoghlus sofortige Freilassung.

Angesichts der bevorstehenden COP29 in Aserbaidschan sehe ich es als meine Pflicht, weiter auf die gravierende Menschenrechtslage im Land aufmerksam zu machen, die durch die Inhaftierung von Dr. Ibadoghlu besonders sichtbar wird.

Als Mitglied der EP-Delegation setze ich mich aktiv für seine Freilassung ein und stehe in regelmäßigem persönlichen Austausch mit seiner Tochter, um sicherzustellen, dass die Stimme seiner Familie Gehör findet. Die staatlichen Repressionen des COP-Gastgeberlandes werden nicht unbeobachtet bleiben – wir schauen weiter genau hin. Nun muss auch die Welt darauf reagieren und zeigen, dass sie solche Zustände nicht ignorieren wird, wenn Aserbaidschan internationale Aufmerksamkeit sucht. "

Zum Sakharov-Preis


Der Sakharov-Preis für geistige Freiheit wird seit 1988 jährlich vom Europäischen Parlament verliehen, um Personen oder Organisationen zu würdigen, die sich in besonderem Maße für Menschenrechte und grundlegende Freiheiten einsetzen. Der Preis ist das Bekenntnis der Europäischen Union zu Freiheit und Menschenwürde und ist mit 50.000 Euro dotiert.

Die Nominierung für den Menschenrechtspreis erfolgt durch Abgeordnete des Europäischen Parlaments. Fraktionen oder Gruppen von mindestens 40 Abgeordneten schlagen Kandidat*innen vor. Anschließend wählen der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten und der Entwicklungsausschuss die Finalist*innen aus. Die endgültige Entscheidung trifft dann die Konferenz der Präsident*innen, bestehend aus der Parlamentspräsidentin Roberta Metsola und den Fraktionsvorsitzenden.

In diesem Jahr wurde Dr. Gubad Ibadoghlu von den Grünen/EFA nominiert. Die Nominierung würdigt seinen Einsatz gegen Korruption und für soziale Gerechtigkeit in Aserbaidschan, insbesondere seine Kritik an der Öl- und Gasindustrie und seine Bemühungen, veruntreute öffentliche Gelder zurückzuführen. Seit seiner Verhaftung im Jahr 2023 steht er unter Hausarrest und sieht sich der Aussicht auf eine Haftstrafe von bis zu 17 Jahren gegenüber. Laut Angaben seiner Familie leidet er an ernsthaften Herzproblemen, die seine schwierige Lage weiter verschärfen.

Heute wurde entschieden, dass der diesjährige Sakharov-Preis an María Corina Machado und Edmundo González Urrutiavergeben wird. Die feierliche Übergabe der Auszeichnung findet am 18. Dezember in Straßburg statt.