Klimarat fordert radikale Emissionsreduktion

Michael Bloss, klimapolitischer Sprecher der Grünen im EU-Parlament, kommentiert den heute veröffentlichten Bericht des Europäischen Wissenschaftlichen Klimarats:

Die Klimakrise spitzt sich zu. Wir erleben ein Jahr der Extreme: Hitzewellen, Dürren, Überschwemmungen. Die Meere erhitzen sich in nie dagewesenen Ausmaß, in Teilen Europas wird das Trinkwasser knapp. Wir müssen jetzt handeln, und der Wissenschaftliche Klimarat zeigt uns den Weg.

Wir brauchen ernsthaften Klimaschutz, das bedeutet, auf die Klimawissenschaft zu hören. Die Wissenschaft ist eindeutig. Bis 2040 müssen wir unsere CO₂-Emissionen um 90-95 Prozent senken. Die Europäische Union muss zehn Jahre früher klimaneutral werden.

Es ist ein großer Erfolg, dass wir endlich wissenschaftsbasierte Ziele formulieren können. Das CO₂-Budget wurde auf 11-14 Gigatonnen CO₂ begrenzt. Das bedeutet, dass wir auch den Emissionshandel und die Lastenteilung dem CO₂-Budget anpassen müssen.

Hintergrund vom 15. Juni 2023

Der wissenschaftliche Klimarat der EU hat heute seine Empfehlungen für die europäische Klimapolitik vorgelegt, um die globale Erwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen. Der Bericht legt den Fokus auf das EU-Treibhausgasbudget für 2030-2050 und das Ziel, die Emissionen bis 2040 drastisch zu senken.

Der EU-Klimarat wurde im Zuge des Klimagesetzes auf Druck der Grünen eingesetzt, um die EU-Klimapolitik auf eine wissenschaftliche Grundlage zu stellen.


Die Kernpunkte des Berichts

  • Europa muss bis 2040 klimaneutral sein:
    • Emissionsreduktionsspanne von 90 bis 95 % im Vergleich zu 1990 bis 2040.
  • Das entspricht einem Treibhausgasbudget von 11 bis 14 Gt CO2e im Zeitraum 2030–2050.
    • Das heißt, die EU hat nur noch 11-14 Millionen Tonnen CO₂ übrig, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen.
  • Die EU hat ihren Anteil am verbleibenden globalen Treibhausgasbudget bereits vollständig ausgeschöpft, wenn man von einem globalen vollständigen Fairness-/Gleichheitsansatz ausgeht.
  • Eine Übererfüllung des EU-Ziels für 2030 (Emissionsreduzierung um 55 %) ist machbar und verringert auch die kumulativen Emissionen der EU bis 2050.

Co2 Emissions Reduction

Drei Wege nach vorn

Der Wissenschaftliche Klimarat skizziert drei Wege, um die von ihm gesteckten Ziele zu erreichen.

  1. Nachfrageseitig:
    Dieser Weg setzt auf einen weniger ressourcenintensiven Lebensstil und eine geringere Energienachfrage und erfüllt zugleich die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung.

  2. Erneuerbare Energien:
    Dieser Weg zielt auf einen hohen Anteil erneuerbarer Energien bis zum Jahr 2040 ab.
  3. „Gemischten Optionen“:
    Dieser Weg sieht die geringste Verringerung der Energienachfrage vor. Das erfordert den Einsatz Atomkraft und birgt entsprechende Risiken.

 

Was bedeutet das für die EU-Klimapolitik?

  • Die EU soll laut wissenschaftlicher Empfehlung bereits 2040, also zehn Jahre früher als derzeit der Plan ist, nahezu klimaneutral werden (Klimaneutralität 2050)
  • Da die EU bereits ihren Anteil am verbleibenden globalen Treibhausgasbudget bereits vollständig ausgeschöpft hat, wenn man von einem globalen vollständigen Fairness-/Gleichheitsansatz ausgeht, muss die EU:
    • stets ein Höchstmaß an ehrgeizigen nationalen Emissionsreduzierungen anstreben
    • über das Jahr 2050 hinaus netto negative Emissionen erreichen
    • Drittländer bei ihren Dekarbonisierungsbemühungen unterstützen
      u. a. durch einen höheren Beitrag der EU zur internationalen Klimafinanzierung

Per capita CO2 Emissions of the EU-27
Die Grüne Analyse

Die klimapolitischen Kernforderungen der Grünen im EU-Parlament werden durch den Bericht bestätigt:

  • Europäischer Kohleausstieg bis 2030
  • Europäischer Gasausstieg bis 2040
  • Klimaneutralität bis 2040 - und nicht erst 2050
  • Geschwindigkeit gewinnt: Wir müssen vor 2030 mehr als die im „FitFor55-Paket“ anvisierten 55 % Emissionsreduktion schaffen  
  • Der EU-Emissionshandel und die Lastenteilung müssen dem CO₂-Budget entsprechend angepasst werden.

 

Wie geht es weiter?

Die öffentliche Konsultation der EU-Kommission für das 2040 Ziel läuft derzeit. Anfang 2024 wird die Kommission voraussichtlich eine Folgenabschätzung mit verschiedenen Optionen für das 2040-Ziel verabschieden. Mit einem vollständigen Gesetzesvorschlag zur Überarbeitung des EU-Klimagesetzes ist voraussichtlich erst nach den Europawahlen 2024 zu rechnen.