Michael Bloss, klimapolitischer Sprecher der Grünen im EU-Parlament, kommentiert die neuen Klimaziele des Europäischen Wissenschaftlichen Beirats zum Klimawandel, die morgen zwischen Wissenschaftler*innen und ENVI-Ausschussmitgliedern diskutiert werden:
Die Klimakrise ist ein Flächenbrand, der sich immer weiter ausbreitet. Letzte Woche haben wir viermal hintereinander den Rekord für die heißesten globalen Tage gebrochen.
Wir brauchen wirksamen Klimaschutz, um dieses Feuer zu löschen, und der Europäische Wissenschaftliche Weltklimarat zeigt uns den Weg. Die Wissenschaft sagt uns eindeutig: Bis 2040 müssen wir unsere CO₂-Emissionen um 95 Prozent senken.
Zusätzlich braucht die EU ein ambitioniertes Klimaziel für 2035, bei dem wir 87% CO₂ einsparen. Das ist nicht nur machbar, sondern würde auch die Gesamtemissionen der EU bis 2050 deutlich verringern und unseren fairen Anteil an der globalen Bekämpfung der Klimakrise leisten.
Wir brauchen keine Hetzkampagne gegen Klimaschutz, keine Lügen, keine Pause. Wir brauchen Solidarität und Verantwortlichkeit für unser gemeinsames Schicksal.
Michael Bloss, leading climate politician for the Greens in the EU Parliament, comments on the new climate targets put forward by the European Scientific Advisory Board on Climate Change that are being discussed with ENVI lawmakers tomorrow:
The climate crisis is a raging inferno that threatens to consume us all. We feel the heat: last week, we broke the record for the hottest global days four times in a row.
We have to put out this fire before it’s too late, and the Scientific Climate Council has the blueprint. The facts are clear. By 2040, we have to reduce our CO₂ emissions by 90-95 percent. The European Union has to be climate neutral by 2040.
Moreover, the EU needs a bold climate target for 2035 that cuts CO₂ emissions by at least 87%. This is not only feasible, but it would also slash the EU’s total emissions by 2050 and contribute our fair share to the global fight against the climate crisis.
We don’t need a smear campaign against climate protection, no lies, no pause. We need solidarity and accountability for our shared destiny.
Hintergrund vom 17. Juli 2023
Der wissenschaftliche Klimarat der EU hat heute seine Empfehlungen für die europäische Klimapolitik vorgelegt, um die globale Erwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen. Der Bericht legt den Fokus auf das EU-Treibhausgasbudget für 2030-2050 und das Ziel, die Emissionen bis 2040 drastisch zu senken.
Der EU-Klimarat wurde im Zuge des Klimagesetzes auf Druck der Grünen eingesetzt, um die EU-Klimapolitik auf eine wissenschaftliche Grundlage zu stellen.
Die Kernpunkte des Berichts
- Europa muss bis 2040 klimaneutral sein:
- Emissionsreduktionsspanne von 90 bis 95 % im Vergleich zu 1990 bis 2040.
- Das entspricht einem Treibhausgasbudget von 11 bis 14 Gt CO2e im Zeitraum 2030–2050.
- Das heißt, die EU hat nur noch 11-14 Millionen Tonnen CO₂ übrig, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen.
- Die EU hat ihren Anteil am verbleibenden globalen Treibhausgasbudget bereits vollständig ausgeschöpft, wenn man von einem globalen vollständigen Fairness-/Gleichheitsansatz ausgeht.
- Eine Übererfüllung des EU-Ziels für 2030 (Emissionsreduzierung um 55 %) ist machbar und verringert auch die kumulativen Emissionen der EU bis 2050.
Drei Wege nach vorn
Der Wissenschaftliche Klimarat skizziert drei Wege, um die von ihm gesteckten Ziele zu erreichen.
- Nachfrageseitig:
Dieser Weg setzt auf einen weniger ressourcenintensiven Lebensstil und eine geringere Energienachfrage und erfüllt zugleich die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung. - Erneuerbare Energien:
Dieser Weg zielt auf einen hohen Anteil erneuerbarer Energien bis zum Jahr 2040 ab. - „Gemischten Optionen“:
Dieser Weg sieht die geringste Verringerung der Energienachfrage vor. Das erfordert den Einsatz Atomkraft und birgt entsprechende Risiken.
Was bedeutet das für die EU-Klimapolitik?
- Die EU soll laut wissenschaftlicher Empfehlung bereits 2040, also zehn Jahre früher als derzeit der Plan ist, nahezu klimaneutral werden (Klimaneutralität 2050)
- Da die EU bereits ihren Anteil am verbleibenden globalen Treibhausgasbudget bereits vollständig ausgeschöpft hat, wenn man von einem globalen vollständigen Fairness-/Gleichheitsansatz ausgeht, muss die EU:
- stets ein Höchstmaß an ehrgeizigen nationalen Emissionsreduzierungen anstreben
- über das Jahr 2050 hinaus netto negative Emissionen erreichen
- Drittländer bei ihren Dekarbonisierungsbemühungen unterstützen
u. a. durch einen höheren Beitrag der EU zur internationalen Klimafinanzierung
Die Grüne Analyse
Die klimapolitischen Kernforderungen der Grünen im EU-Parlament werden durch den Bericht bestätigt:
- Europäischer Kohleausstieg bis 2030
- Europäischer Gasausstieg bis 2040
- Klimaneutralität bis 2040 - und nicht erst 2050
- Geschwindigkeit gewinnt: Wir müssen vor 2030 mehr als die im „FitFor55-Paket“ anvisierten 55 % Emissionsreduktion schaffen
- Der EU-Emissionshandel und die Lastenteilung müssen dem CO₂-Budget entsprechend angepasst werden.
Wie geht es weiter?
Die öffentliche Konsultation der EU-Kommission für das 2040 Ziel läuft derzeit. Anfang 2024 wird die Kommission voraussichtlich eine Folgenabschätzung mit verschiedenen Optionen für das 2040-Ziel verabschieden. Mit einem vollständigen Gesetzesvorschlag zur Überarbeitung des EU-Klimagesetzes ist voraussichtlich erst nach den Europawahlen 2024 zu rechnen.