Michael Bloss, klimapolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament, kommentiert die heutige Unterzeichnung der Solarcharta durch die Mitgliedstaaten, Solarindustrie und EU-Kommission:
“Die EU-Kommission lässt die Solarindustrie sehenden Auges sterben. In Sachen Resilienz und Unabhängigkeit macht sich Ursula von der Leyen unglaubwürdig. In der Not schützt sie die zentrale Energiewende-Industrie nicht und lässt die absolute Abhängigkeit von China zu.
Die Lösung ist einfach und liegt auf der Hand. Über eine Zweckgesellschaft muss die EU Kommission die europäischen Solaranlagen aufkaufen. Diese kann sie entweder später weiterverkaufen, an die Ukraine verschenken oder ein Programm für europäische Solardächer für Schulen in Europa starten. Die Möglichkeiten sind da, es fehlt der politische Wille.
Wenn die Solarindustrie in Europa ein zweites Mal stirbt, wird sie nicht ein drittes Mal aufgebaut werden. Die vielen Pläne für die Zukunft, kann man sich sparen, wenn es keine akute Hilfe gibt. Entweder es wird gehandelt oder wir sind bei der Energiewende komplett abhängig von China
Was steht in der Solarcharta?
Bei dem heutigen informellen Energierat will Solar Power Europe eine Solar Charta in die Wege leiten. Diese kann von Mitgliedstaaten unterzeichnet werden, hat allerdings keinerlei Rechtswirkung.
Solarstrom ist die Stromquelle, die in Europa den stärksten Zuwachs erfährt. Alleine 2023 wurden knapp 56 GW Solarkapazität in zugebaut, zweit Drittel davon auf Dächern. 14 GW wurden 2023 alleine in Deutschland zugebaut. Der Zubau in der gesamten EU in 2022 und 2023 hat umgerechnet 15 bcm russisches Gas ersetzt. Die Kosten für Solarenergie fielen um über 80% zwischen 2010 und 2020.
Diese Maßnahmen wurden in Europa bereits beschlossen:
- Als Teil von RePowerEU wurde im Mai 2022 eine Solarstrategie von der Kommission vorgestellt. Sie sieht vor bis 2025 350 GW Solarkapazität in Europa zur Verfügung zu haben und bis 2030 knapp 600 GW.
- Im Dezember 2022 brachte die EU Kommission zusammen mit Industrie, Forschungsinstituten und Verbänden die Europäische Allianz für Photovoltaikindustrie auf den Weg. Die neue Allianz hat das Ziel gebilligt, bis 2025 über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg 30 GW an europäischer Produktionskapazität zu erreichen.
- Im März 2023 schlug die Kommission den Net Zero Industry Act vor. Die Wertschöpfungskette der Solarproduktion war eine der strategischen Net Zero Technologien die besonders unterstützt werden sollte. Der Gesetzentwurf, der noch von Parlament und Mitgliedstaaten final abgestimmt werden muss, sieht vor, dass bis 2030, 40% des Eigenbedarfs von Solartechnologien und ihren Lieferketten in der EU hergestellt werden soll. Außerdem führt er Gewichtungsfaktoren und Nicht-Preis-Kriterien für Erneuerbare Auktionen ein, die die heimische Produktion unterstützen sollen.
- Mit der Novelle der Gebäudeenergie-Richtlinie, die Freitag final von den Mitgliedsstaaten angenommen wurde, wird eine Solarpflicht für öffentliche Gebäude eingeführt.
- Im Juni 2023 hat die Kommission mit STEP vorgeschlagen, zusätzliche Gelder für die Produktion von Netto-Null Industrien bereitzustellen. Doch die Mitgliedstaaten haben neue Gelder für die Industrie abgelehnt.
Die Realität sie so aus:
Die Modulproduktion in der EU beläuft sich momentan nur auf knapp 4 GW. Entlang der Wertschöpfungskette Ingots, Wafer und Zellen sind die heimischen Produktionskapazitäten sogar noch geringer. China macht 80% der weltweiten Solar Produktionskapazität aus. In China kostet die Herstellung von Paneelen um die 12 Cent pro Watt, in der EU ist die Produktion mit 22 Cent per Watt fast doppelt so teuer.
Wir verlieren die Produktion in Europa:
Meyer-Burger hat Mitte März diesen Jahres sein Produktionsstätte in Freiberg geschlossen und damit die europäische Modulproduktion mit einem Schlag um 10% verringert. Auch andere Produzenten – wie etwa Solarwatt in Dresden – haben schon einen Abbau von Stellen angekündigt.