Ein Plan für Europas Klima-Industrie

Michael Bloss, klimapolitischer Sprecher der Grünen im EU-Parlament kommentiert den Plan der EU-Kommission zum Green Deal Industrie Plan:

Die Klima-Industrie ist der Jobmotor der Zukunft. Die Idee der Kommission ist gut, aber sie muss richtig umgesetzt werden. Die Konservativen haben ihren Kompass für die Wirtschaft verloren. Gießkannenprinzip bei Subventionen und Kahlschlag bei den Regulierungen wird nicht funktionieren. Wir müssen uns auf die Produktion von Solar- und Windkraftanlagen, Wärmepumpen und Elektrolyseuren in Europa konzentrieren.


Wir brauchen die öffentliche Förderung dieser Industrie und grüne  Qualitätsmerkmale für europäische Produkte. Effizienz, Wiederverwertbarkeit und Klimaneutralität sind die Voraussetzung für gute Jobs in Europa.

Hintergrund:

Am 01. Februar hat die Kommission ein Strategiepapier zum neuen europäischen Green Deal Industrie Plan vorgelegt. Diese beinhaltet noch keine Gesetzesvorschläge, kündigt aber weitere Initiativen im Laufe des Jahres an.


Der Plan besteht aus vier Bauteilen:

  • Der Net-Zero Industrie Akt: Ein vorhersehbarer und vereinfachter Regulierungsrahmen
  • Leichteren Zugang zu Finanzmitteln
  • Qualifizierte Arbeitskräfte
  • Offene Handelspolitik für stabile Lieferketten

 

Das Klima-Industrie Gesetz für Europa

Am 8. März wird die EU-Kommission voraussichtlich den Gesetzesvorschlag für die Klima-Industrie (Net Zero Industry Act) vorstellen.


Welche Branchen werden unterstützt?

Das wird noch eine heiße Debatte. Momentan nennt die Kommission Solar, Wind, Wärmepumpen, Kohlenstoffabspaltung- und Speicherung, Batterien, Ausrüstung für die Nutzung von Biokraftstoffen und erneuerbaren Wasserstoff.


Wie wird die Klimaindustrie gefördert?

  • Die Kommission will Ziele für die Produktionskapazitäten für 2030 in der EU entsprechend sektorspezifischer Analysen festlegen. Qualitative Ziele werden bisher nicht erwähnt.
  • Beschleunigung der Genehmigungsverfahren, auch durch den Aufbau von One-Stop-Shops in den Mitgliedsstaaten, damit es eine Kontaktstelle gibt, die den ganzen Zulassungsprozess begleitet.
  • Die Kommission will eine einen Kriterienkatalog ausarbeiten, anhand dessen strategische “Net-Zero Projekte” identifiziert und gefördert werden


Grüne Produktionsstandards

Die Kommission erwähnt auch europäische Standards und die Ökodesign-Richtlinie, die Nachhaltigkeitskriterien für Warengruppen definiert. Die Neufassung der Ökodesign-Richtlinie wird gerade von Rat und Parlament verhandelt.


Öffentliche Aufträge

Die Kommission erwähnt die Regelungen öffentlicher Aufträge am Rande, ohne anzukündigen, die bestehenden Regeln zu überarbeiten.
Öffentliche Aufträge generieren in etwa 14% des europäischen Bruttoinlandsprodukts.

 

Leichterer Zugang zu Finanzmitteln

  • Die EU-Kommission verweist auf bereits existierende EU-Finanzmittel, nämlich Corona-Aufbaufonds RRF, InvestEU und RePowerEU.
    Neue europäische Gelder sollen frühestens im Sommer mit der Halbzeitprüfung des europäischen Budgets in Form des Souveränitatsfonds kommen. Wie der Souveränitätsfonds finanziert werden soll, ist noch unklar.
  • Staatsbeihilfen: Die Flexibilisierung der Staatshilfen, die aufgrund der Krisen seit 2020 befristet in Kraft ist, soll bis 2025 verlängert und überarbeitet werden. Die kurzen Bearbeitungszeiten sollen beibehalten werden und die Schwellen zur Finanzierung noch einmal angehoben werden.
  • IPCEI: Die Regelungen für IPCEIs (wichtige Projekte im gemeinsamen europäischen Interesse) sollen weitere Möglichkeiten für Staatsbeihilfen eingeräumt werden. Langwierige Antragsprozesse und hohen Anforderungskriterien, um Projekte als IPCEI zu qualifizieren, bleiben bestehen. IPCEIs sind grenzübergreifende, neuartige Projekte in Schlüsselsektoren-und Technologien sowie Infrastrukturinvestitionen, die positive Spillover-Effekten auf die gesamte EU-Wirtschaft ermöglichen. Einmal ausgewählt, können diese Projekte von vereinfachten Genehmigungsverfahren und staatlichen Förderungen profitieren.

Qualifizierte Arbeitskräfte für die grüne Industrie

Um die Produktionskapazität von sauberen Technologien in Europa anzusiedeln, werden auch gut ausgebildete Fachkräfte benötigt. Die Kommission sieht dafür vereinfachte Anerkennung von Qualifikationen und gezielte Ausbildungs-und Schulungsprogramme vor. Wir Grünen fordern, dass auch die Attraktivität von Arbeitsplätzen in der Klima-Industrie verbessert wird, und zwar durch gute Bezahlung und Arbeitsbedingungen.

 

Ein “Weiter So” in der Handelspolitik

  • In der Handelspolitik will die Kommission weiterhin auf Freihandelsabkommen setzen und internationale Lieferketten beibehalten und stabilisieren.
  • Außerdem möchte sie in Zukunft auf einen Klub für kritische Rohstoffe setzen.
  • Die Grünen fordern, dass der europäische Binnenmarkt der größte Nachfragemarkt für nachhaltige Produkte wird, die sowohl Umwelt-als auch Arbeitsstandards in der gesamten Lieferkette garantieren. Das sollte das Markenzeichen europäischer Produktion sein. Mit strengen Produktstandards können wir sichergehen, dass Produkte, die auf dem Binnenmarkt gehandelt werden, tatsächlich nachhaltig sind, recycelt werden können und einen geringen CO2-Fußabdruck aufweisen.


Grüne Forderungen im Detail

  • Fokus Erneuerbare: Die Grünen fordern eine klare Fokussierung auf die Sektoren, die unerlässlich sind, um Klimaneutralität zu erreichen: Solar, Wind, Wärmepumpen, Stromspeicher, Elektrolyseure und Stromnetze. Wir sollten nicht nach dem Gieskannenprinzip handeln und einfach überall mehr öffentliche Gelder reinstecken. Die Kommission spricht jetzt davon,  schon dies auf Kohlenstoff Abspaltung- und Speicherung auszuweiten.
  • Präzise Förderkriterien: Bezüglich der konkreten Unterstützungen und der Kriterien für die Klima-Industrie, bleibt die Kommission noch sehr vage. Sie konkretisiert beispielsweise nicht, ob Wiederverwertbarkeit oder die Verwendung besonders umweltfreundlicher Materialien zu den Kriterien gehören. Das muss sich ändern.
  • Europäische Produktstandards: Wiederverwertbarkeit, CO2-Fußabdruck, Effizienz, Einhaltung von Arbeitnehmer und Menschenrechte in der Lieferkette, die Verwendung von grünem Stahl. Europäische Produkte sollen als Klassenbeste in Puncto Nachhaltigkeit und Qualität etabliert werden. So gewinnen sie einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den internationalen Konkurrenten.  
  • Keine dauerhafte Flexibilisierung der Staatshilfen: Mit der Flexibilisierung ist großen, finanzkräftigen Mitgliedstaaten, wie Deutschland, zwar geholfen, aber Mitgliedstaaten mit kleinen Haushalten können ihre Klima-Industrie nicht gleichermaßen unterstützen. Anstatt die größte ökonomische Stärke Europas, den Binnenmarkt, zu nutzen, wird er somit weiter fragmentiert.
  • Nachhaltigkeitskriterien für öffentliche Aufträge: Die Ausgaben von staatlichen Institutionen ist riesig! Hier müssen starke Nachhaltigkeitskriterien bei der Beschaffung angewendet werden. Damit können wir sehr viel erreichen, um einen Markt für nachhaltige Produkte in Europa aufzubauen.