Kippt der Rat den Green Deal?

Michael Bloss, klimapolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament, kommentiert die strategische Agenda der Staats-und Regierungschef*innen sowie den Letta-Bericht zum EU-Binnenmarkt, insbesondere seiner Bedeutung für den Greens Deals. Der Letta Bericht wird heute vorgestellt, ab morgen beraten die Staats-und Regierungschef*innen auf dem EUCO über ihre strategische Agenda für die kommende Legislatur:

Es ist ein Skandal, dass der EU Rat, den Green Deal abwürgen will. Damit wird die europäische Wirtschafts- und Klimapolitik vor die Wand gefahren. Der Green Deal kommt überhaupt nicht mehr in den Prioritäten der EU für die nächste Legislaturperiode vor, der Klimaschutz ist nur noch ein Unterpunkt.

Der Green Deal verbindet Klimaschutz mit der Modernisierung unserer Wirtschaft und global vorbildlich. Wir haben nur noch einen Versuch, um mit China und den USA im Rennen um die modernsten E-Autos oder Windkraftanlagen mitzuhalten. Jetzt mit dem Green Deal Schluss zu machen, gefährdet die Zukunft Europas und unseren Wohlstand.

Gleichzeitig ist ein solcher Schritt ein Schlag ins Gesicht der Wirtschaft, die bereits unzählige Milliarden in neue Anlagen und Technologien gesteckt hat. Die Wirtschaft braucht Planungssicherheit und der Green Deal liefert sie. Ohne den Europäischen Green Deal entstehen die neuen Fabriken in China und den USA.

Der Letta Report ist in seiner Analyse klar: Der Green Deal muss der Motor der europäischen Marktintegration sein und ist der Schlüssel für Europas internationaler Wettbewerbsfähigkeit. Dass die Staats- und Regierungschef*innen den Green Deal nicht einmal erwähnen ist zukunftsvergessen.

Jetzt aus Angst vor Umfragewerten und den Schreihälsen der rechtsextremen AfD den Rückfall ins fossile Zeitalter zu beschließen, wäre katastrophal. Die nächsten 5 Jahre sind dafür entscheidend, ob wir unsere Industrie modernisieren können und unsere Klimaziele einhalten. Die EU darf dieses Erbe nicht verbrennen und ihre politische Glaubwürdigkeit in Frage stellen.

Hintergrund: Letta- Bericht zum Binnenmarkt behält Fokus auf Green Deal

Der Green Deal als Motor für mehr Integration

Der Bericht legt einen nachdrücklich Schwerpunkt auf den Green Deal und dessen Fortsetzung. Er macht deutlich, dass der Green Deal nicht nur notwendig für die Erreichung der Klimaziele und den Erhalt unserer Lebensgrundlage ist, sondern auch der Schlüssel zu Europas internationaler Wettbewerbsfähigkeit.

Ein prominenter Punkt des Berichtes ist die Fertigstellung der Kapitalmarktunion. Der angeführte Grund für die Notwendigkeit der Fertigstellung ist aber nicht etwa die Kapitalmarktunion selbst, sondern die Umsetzung der Wende hin zu einem klimaneutralen Kontinent, die nach Berechnungen der Kommission in etwa 620 Milliarden Euro Investments pro Jahr benötigt.

Konkrete Vorschläge sind zum Beispiel Kapitalvorschriften für Versicherer, ein Europäisches langfristiges Sparprodukt und ein neues europäisches öffentliches Garantie Instrument, nach dem Vorbild von InvestEU, das sogenannte europäische grünes Garantie Instrument.

Der Bericht schlägt auch vor, die europäischen Staatshilfe-Regelungen zu reformieren. Um Staatshilfen mehr zu fokussieren und ein Level Playing field zwischen den unterschiedlichen europäischen Ländern auch in Zukunft zu garantieren, Staatshilfen sollten gemeinsamen Bedingungen wie Umweltverträglichkeit, Arbeitsrechte und finanzielle Nachhaltigkeit folgen. Die IPCEIs könnten hier als Vorbild genutzt und weiterentwickelt werden um den Grundstein für eine gemeinsame europäische Industriepolitik zu legen.

Der Bericht empfiehlt auch eine Reform der europäischen Regelungen für öffentliche Ausschreibungen. Öffentliche Ausschreibungen machen 14% des europäischen GDP aus. Die Ziele für öffentliche Ausschreibungen zu entschlacken und zu fokussieren ist eine der nahegelegenen Änderungen. Auch hier könnte mehr Fokus auf den Green Deal gelegt werden.

 

Energieunion und gemeinsame Klimapolitik

Ein Kapitel des Berichts ist der Energie-und Klimapolitik der EU gewidmet.

Der Bericht findet, dass je mehr Erneuerbare wir in Europas Strommarkt nutzen, desto mehr machen wir uns unabhängig von Importen und schützen die EU gegen Preisschocks. Die EU möchte bis 2030, 70% des Strombedarfs aus Erneuerbaren beziehen. Um die Kosten für diese Transition so niedrig wie möglich zu halten und um Netzstabilitöt zu garantieren, muss die Energieunion noch stärker zusammenwachsen. Der Aufbau einer richtigen Infrastruktur Union wird als absolute Notwendigkeit bezeichnet.

Um die Wende hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft zu schaffen, schlägt der Bericht vor:

  • Einen Clean Energy Deployment Fund  aufzusetzen

    • Zusätzlich zum Innovation Fund

    • Investitionen in cutting edge Technologien die für eine klimaneutrale Wirtschaft notwendig sind zu stärken

  • Eine Agentur für die Bereitstellung von sauberer Energie zu schaffen. Diese Agentur könnte die folgenden Aufgabenbereiche bündeln:

    • Die Hydrogen Bank betreiben und den Markthochlauf beaufsichtigen

    • Die Entwicklung von Infrastruktur durch die Verwaltung von Finanzhilfen und Planung unterstützen

    • Koordinierung und One-Stop Shop für die Dekarbonisierung der Industrie

Weitere konkrete Maßnahmen die der Bericht im Bereich Klima und Energie vorschlägt:

Bis 2025

  • Eine gemeinsame europäische Auktion für Flexibiltätservice und Erneuerbare

Bis 2027

  • Das Budget für den europäischen Energieinfrastruktur Fonds (CEF-Energy) stärken. Und integrierte Netzplanung fördern.

Bis 2029

  • Neue Finanzinstrumente wie Green Bonds entwickeln um privates Kapital anzuziehen

Während der nächsten Legislatur

  • Energy Dialoge mit zuverlässigen internationalen Partnern in der EU Nachbarschaft und Afrika einschließlich Infrastrukturprojekten die im gemeinsamen Interesse sind